Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 21. (1968)

SPRUNCK, Alphonse: Verteidiger der Interessen Österreichs in den südlichen Niederlanden während des Spanischen Erbfolgekrieges 1709–1714

16 Alphonse Sprunck schehen war und daß es für die Holländer besser sei, noch einige Zeit diesen Unfug zu dulden, als noch Schlimmeres zu erleben. Seinem Schreiben legte er ein von ihm verfaßtes, gedrucktes Flugblatt bei, das er an einigen Stellen verbessern wollte, um es in Holland und den katholischen Niederlanden zu verbreiten. Mit einem Aide de Camp von Merode-Westerloo war ein Kurier Ludwigs XIV., der sich nach dem Haag begab, drei oder vier Meilen im selben Postwagen gereist. Der Franzose hatte behauptet, die spanische Monarchie sei schon aufgeteilt und im Bunde mit Holland sei sein König stark genug, um dem Kaiser und seinen Verbündeten Friedensbedingungen aufzuzwingen. Merode- Westerloo konnte sich einen solchen Fall gar nicht vorstellen, trotzdem er die Generalstaaten für unklug hielt. Auch die Anweisungen an Albemarle beunruhigten ihn. Er rechnete jedoch mit der Möglichkeit, außer Sizilien, das Österreich zu lange unbeachtet gelassen hatte, die gesamte spanische Monarchie für Erzherzog Karl zu retten. Von Versailles reisten beständig französische Kuriere nach dem Haag. In einer Nachschrift zu diesem Brief meldete Merode-Westerloo, er habe soeben Depeschen aus Wien erhalten. Aus diesen ging hervor, daß der Kaiser aus dem Haag Vorschläge zu dem allerschändlichsten Frie­densvertrag erhalten hatte, den man sich denken konnte. Er befürchtete, die Nachrichten, die sein Aide de Camp im Postwagen erhalten hatte, seien wahr. Erzherzog Karl würde die Königreiche Neapel und Sizilien erhalten, der Kaiser das Herzogtum Mailand, Philipp von Anjou Spanien mit den katholischen Niederlanden. In allen Festungen dieser Provinzen würden die Generalstaaten Garnisonen unterhalten, ebenso in den spani­schen und südamerikanischen Häfen, um die Ausführung eines sehr gün­stigen Handelsvertrages zu sichern, den der neue König von Spanien Holland gewähren müßte. Im Postwagen hatte der französische Kurier auch behauptet, die Ge­neralstaaten verfügten über 40 000 Mann guter Truppen. Merode-Wester­loo hatte diese Aussage zuerst als eine weitere Frechheit des Franzosen angesehen, aber die Nachrichten aus Wien hatten ihn erschreckt. Immer­hin durfte er nicht annehmen, daß die Generalstaaten so wenig gesunden Menschenverstand besäßen, um einen Friedensvertrag zu unterzeichnen, der für ihr Land und ganz Europa noch innerhalb von zehn Jahren sehr verhängnisvolle Folgen haben könnte. Möglicher Weise waren diese Ge­rüchte von der französischen und der holländischen Regierung verbreitet worden, um Druck auf den Kaiser auszuüben, damit er zu Gunsten des Herzogs von Anjou auf Teile der spanischen Monarchie verzichten sollte. Aber Merode-Westerloo befürchtete, dieser würde sich nicht mit einem Teilerfolg begnügen, sondern Unstimmigkeiten unter den Verbündeten oder andere günstige Umstände ausnützen, um mit Hilfe Ludwigs XIV. auch die anderen Gebiete der Monarchie Karls II. zu erobern. Am 21. März schrieb Merode-Westerloo an Kellers, die Verhandlun­

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