Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 20. (1967)

BENNA, Anna Hedwig: Der Kronprinzenunterricht Josefs II. in der inneren Verfassung der Erbländer und die Wiener Zentralstellen

116 Anna Hedwig Benna Sphäre der Stände in den Ländern, es kam zu einer Einengung der ständi­schen und einer Verstärkung der landesfürstlichen Machtpositionen. Führte Maria Theresia in ihrem aus den Fünfzigerjahren stammenden, für ihre Nachfolger bestimmten Rückblick auf ihre ersten Regierungsjahre 4) noch in bewegten Worten Klage über die starken ständischen Machtpositionen, die bis hinein in die landesfürstlichen territorialen Hofkanzleien reichten, deren Chefs zwar ihre Minister, aber als Landstände und als solche in der Regel in den Ländern, deren Kanzleigeschäfte sie führten, am stärksten begütert5), in ihren Departements selbst Herren und Meister6), keines­wegs auf eine Stärkung der landesfürstlichen Autorität bedacht waren 7), so hatte sie es doch nach dem Friedensschluß von Aachen verstanden, mit dieser Machtstellung ihrer Minister und vor allem des Böhmischen Obersten Kanzlers aufzuräumen8). Der Weg zu den finanziellen Hilfs­quellen der Länder, die Maria Theresia für die zur Erhaltung des Be­standes ihrer Monarchie so notwendigen Heereskontingente, das soge­nannte System, brauchte, führte nun nicht mehr über die Minister und vor allem nicht über den Böhmischen Obersten Kanzler9). Bis zum Abschluß des Dresdener Friedens sah sich Maria Theresia außer stande, sich selbst über die innere Lage und die Kräfte der Länder zu infor­mieren 10 11), auch darin und nicht nur im ständischen Steuerbewilligungs­recht, in dem sie an die willkürliche Ablehnung oder Zustimmung der Stände rechtlich gebunden blieb, hing sie von ihren Ministern ab71). Dankbar gedachte sie in ihrem Rückblick, der nicht nur eine Art politi­sches Testament für ihre Nachfolger, sondern auch ein Denkmal ihrer Verbundenheit gegenüber ihren Helfern Bartenstein und Haugwitz, Tarrouca und Koch darstellen sollte12 *), der Informationen und Aufklä­rungen, die ihr durch Bartenstein selbst und durch andere unbekannte Informatoren im Wege ihres Kabinettssekretärs Koch zugekommen wa­ren ls). Der Böhmische Oberste Kanzler hatte ihr aus der inneren Landes­verfassung der Länder der Böhmischen Krone, wozu auch die ständischen 4) A. v. Arneth, Zwei Denkschriften der Kaiserin Maria Theresia, AÖG 47 (1871) 269—354. J. Kallbrunner, CI. Biener, Kaiserin Maria Theresias politisches Testament (1952), 25—73. 5) Kallbrunner, aa. O. S. 40, 41. «) Ebenda, S. 36. 7) Ebenda, S. 36, 40, 46. 8) Ebenda, S. 43, 44. 9) Ebenda, S. 32, 33. Zum neuen System vgl. unten Anm. 18. 10) Ebenda, S. 32. 11) Ebenda, S. 41. 12) Ebenda, S. 52. 1S) Ebenda, S. 51. Zu Ignaz von Koch (1697—1763) vgl. M. Braubach, Ge­schichte und Abenteuer. Gestalten um den Prinzen Eugen (1950) 415 f., Die Geheimdiplomatie des Prinzen Eugen von Savoyen (1962) 21 f, 46 f., Prinz Eugen 4 (1964) 246—248. F. v. Reinöhl, Geschichte der k. u. k. Kabinettskanzlei, MÖSTA Erg. 7 (1963) 15, 340 ff.

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