Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)
WEINZIERL-FISCHER, Erika: Die Bedeutung des Zeitungsarchivs Borgs-Maciejewski für die zeitgeschichtliche Forschung
586 Literaturberichte Ausnahme weniger sind sie italiensich oder lateinisch. In vielen tritt das menschliche Streben und Fühlen sehr deutlich hervor, obgleich sie zumeist nicht selbst konzipiert sind. Der frommen Kaiserin Maria Anna allerdings ist ihr anläßlich des Ferrarakonfliktes 1847 an Papst Pius IX. gerichtetes Schreiben im Metternich’schen Konzept viel zu unpersönlich. „Io ho bisogno di scrivere col cuore ...“. Sie greift selbst zur Feder und schreibt ihren eigenen Brief. Trotzdem bedarf der Leser dieses Bandes notwendig der umfangreichen kommentierenden Einleitung, die durch Engel-Jánosi verfaßt ist, während Blaas und Weinzierl die Stücke sammelten und bearbeiteten, was in editionstechnisch vorbildlicher Weise geschah. Dieser Kommentar, in dem fast jedes Stück Erwähnung findet, ist mit einer im Laufe der Arbeit sich steigernden Lebendigkeit geschrieben, wie dies nur auf Grund einer umfassenden und tiefen Kenntnis der Dinge, die der Verfasser von „Österreich und der Vatikan“ besitzt, möglich war. Man durchlebt die Zeit, in der die Päpste immer wieder vom Kaisertum Österreich Hilfe erwarteten, angefangen von jenem eindrucksvollen Schreiben, das Pius VII. noch aus der napoleonischen Gefangenschaft in Fontainebleau 1813 an Kaiser Franz richtete, wobei aber die päpstliche Mahnung zur Änderung der innerösterreichischen Kirchenpolitik nicht verstummte. Man kann aus den folgenden Briefen die wechselvollen Beziehungen Pius IX. zu Österreich ablesen; zuerst die Ablehnung österreichischer Patronanz im Kirchenstaat und die Aufforderung zur Abtretung von Gebieten an Italien den „natürlichen Grenzen“ entsprechend; dann die plötzliche Wendung auf Grund des Erlebnisses der Revolution. „Un mezzo di consolazione“ ist der junge Kaiser Franz Joseph, der die Konkordatsgesetze erläßt, für den Heiligen Vater. Dann kommt das Ringen um das Konkordat durch mehrere Jahre zum Ausdruck, die Enttäuschung des Papstes, die Unfreiheit des Kaisers seiner liberalen Regierung gegenüber. Die Ereignisse des Jahres 1870 jedoch, die Zerstörung des Kirchenstaates, das vatikanische Konzil, die Kündigung des Konkordates finden keinen gleichzeitigen Niederschlag in den Papst-Kaiser - Briefen. Die schmerzliche Bitterkeit gegen den Kaiser zeigt sich in der Notiz auf dem Kaiserbrief vom 16. Februar 1868. Erst 1874 erfolgt der formelle Protest in einem persönlichen Schreiben. Zwar wird Papst Leo XIII. während der nächsten Jahre mehrmals das Asyl in Österreich angeboten, als neuerliches Imstichgelassenwerden empfindet der Papst aber den Abschluß des Dreibundes, während der Kaiser eine Stärkung des Konservativismus davon erhofft. Weder im vatikanischen Archiv noch in Wien fand sich jenes angebliche 1000-Worte- Telegramm, das anläßlich des Todes des Kronprinzen Rudolf nach Rom gesandt worden sei, um das kirchliche Begräbnis zu erwirken. Die Persönlichkeit Leos XIII., unter dem das Papsttum beginnt, in der Bedrängnis auf eine neue Weise Mittelpunkt der katholischen Welt zu werden, zeigt sich in umfangreichen Briefen zu Fragen der Kirche in Österreich, sei es zu der Ehegesetzgebung in Ungarn, oder der strittigen Besetzung von Bistümern, oder aber auch zur Priesterbildung bei den slavischen Nationen. Der Kaiser hingegen offenbart seine Behinderung und bedauert