Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)

STRNAD, Alfred A.: Pietro Corsinis Legation an den Kaiserhof. Zu den Beziehungen zwischen Reich und Kurie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts

Pietro Corsinis Legation an den Kaiserhoi 27 Ereignis eingetreten, das die politische Situation im deutschen Südosten von Grund auf zu verändern geeignet schien. Am 13. Januar 1363 war der jugendliche Herzog Meinhard von Oberbayern, der Erbe der Graf­schaft Tirol, auf Schloß Meran kinderlos verstorben, nachdem er im Oktober des Vorjahres, um sich aus der Vormundschaft des Herzogs Stephan von Niederbayern zu befreien, wahrscheinlich mit Vorwissen Herzog Rudolfs IV. von Österreich nach Tirol entflohen war und sein Siegel dem Brixner Dompropst Johann von Lichtenwerth, der beim Habs­burger das Amt eines Hofkaplans bekleidete und nunmehr einen bestim­menden Einfluß auf die Regierung des Landes ausübte, übergeben hatte68). Während Oberbayern an die Wittelsbacher zurückfiel, über­nahm Meinhards Mutter, Margareta Maultasch, die Regierung in Tirol und setzte schon am 26. Januar 1363 Herzog Rudolf IV. von Österreich zum Erben des Landes ein 69). Dadurch aber fühlten sich die Verwandten Meinhards von der väterlichen Seite schwer geschädigt und begannen mit dem Habsburger einen Streit. Allein noch bevor es zu irgendwelchen kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen war, gerieten sie selbst in Zwiespalt, da Herzog Stephan von Niederbayern unter Verletzung des Familienvertrages Oberbayern für sich in Besitz nahm. Markgraf Ludwig und Otto von Brandenburg, denen das Land hätte zufallen sollen, fühlten 68) Dazu besonders Hüter, Eintritt Tirols 24 f. Meinhard war im Oktober 1362 die Flucht aus München gelungen. Bereits zu Anfang November nahm er sich in Brixen den dortigen Dompropst und früheren Hofkaplan seines Vaters, Johann von Lichtenwerth, zu seinem Kanzler. Dieser stammte aus Niederöster­reich und war durch Empfehlung des Habsburgers, der sich seiner als Ver­trauensmann bediente, in den Besitz der brixnerischen Festung Veldes ge­kommen. Auch bei Rudolf IV. bekleidete Johann, der am 14. Februar 1375 gelegentlich einer im Auftrag der habsburgischen Fürsten Albrecht III. und Leopold III. nach Avignon unternommenen Reise starb, das Amt eines Hof­kaplans. Über ihn vgl. Santifaller, Brixner Domkapitel 370 f. n. 170; und zuletzt Alfred S t r n a d, Die Hofkapelle der österreichischen Landesfürsten. Vorarbeiten zu einer Geschichte des geistlichen Hofdienstes im späteren Mittel- alter (Ungedr. Hausarbeit am Institut für österreichische Geschichtsforschung, Wien 1962) 56 f. — Als Meinhard drei Monate nach seiner Rückkehr nach Tirol plötzlich verstarb, zählte er kaum zwanzig Jahre. Sofort beschuldigten mehrere Zeitgenossen, darunter Matteo Villani und der Prior Goswin von Marienberg, seine Umgebung, besonders seine Mutter Margareta Maultasch, den Fürsten vergiftet zu haben. „Es gehört zum Komplex der Scheusallegende um Margarethe, wenn Villani in seiner Florentiner Chronik die Herzogin be­schuldigt, sowohl ihren zweiten Gemahl wie ihren Sohn vergiftet zu haben“ (Hüter, Eintritt Tirols 24). Zur Sache vgl. auch Huber, Geschichte der Vereinigung Tirols mit Österreich 78 f. 69) Über die Vertragsurkunde vom 26. Januar 1363 siehe Richard B 1 a a s in: 1100 Jahre österreichische und europäische Geschichte in Urkunden und Dokumenten des Haus-, Hof- und Staatsarchivs (hrsg. von Leo Santifaller, Publikationen des Österreichischen Staatsarchivs 1/1, Wien 1949) 29—31 n. 21 (mit Faksimile); sowie Hüter, Eintritt Tirols 26 f., wo auch die ältere Literatur berücksichtigt wird.

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