Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)

STRNAD, Alfred A.: Pietro Corsinis Legation an den Kaiserhof. Zu den Beziehungen zwischen Reich und Kurie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts

Pietro Corsinis Legation an den Kaiserhof 15 esse an der Aufrechterhaltung der weltlichen Herrschaft des Patriarchen gesprochen haben, die er auf freundschaftliche Weise besser gesichert glaubte als durch eine kriegerische Auseinandersetzung mit dem jugend­lichen Habsburger. Denn der Patriarchenstaat in Italiens Nordostecke bildete eine nicht zu unterschätzende Vormauer gegen die mächtige See­republik Venedig und lag daher mit Rücksicht auf das erst kürzlich er­worbene Dalmatien tatsächlich in Ungarns eigenstem Interesse36). Dazu kam dann noch, daß dem stolzen Ungarnkönig eine Äußerung des Kaisers hinterbracht worden war, welche sich gegen die Frauenehre seiner Mutter, der Königinwitwe Elisabeth, einer Schwester König Kasimirs von Polen, richtete 37) und bei Ludwig Rachegefühle wachrief. Tatsächlich zeitigte der schlau angestellte Versuch des Anjou bei Herzog Rudolf von Österreich sogleich einen überraschenden Erfolg. Hals über Kopf gab der unstete Fürst seine, erst am 1. August 1361 eingegangene Verbindung mit seinem Schwiegervater Kaiser Karl IV., der er zum größten Teile seinen Erfolg wider den Patriarchen verdankte, preis, ließ das Reichsoberhaupt in Stich und verbündete sich am 31. Dezember 1361 anläßlich einer Zusammenkunft mit König Ludwig in Preßburg mit Ungarn38). Ludwig und Rudolf, letzterer auch im Namen seiner noch falls dieser in Österreich, Steiermark, Kärnten oder Krain angegriffen werde (Regesta Imperii VIII, n. 3708). Wenige Wochen später, am 1. August 1361, verbanden sich Karl und Rudolf, jeden Feind gemeinsam zu bekämpfen, Ver­träge und Bündnisse mit anderen Mächten nur im gegenseitigen Einverständnis und gemeinsam abzuschließen sowie alle mit anderen bereits abgeschlossenen Verträge, welche dem neuen Bündnis entgegenstünden, als ungiltig aufzugeben (ebd. n. 3721; vgl. Steinherz, Beziehungen 543). 36) W e r u n s k y, Geschichte Karls IV. 3, 259 f. — In Florenz bezeichnete man gelegentlich einer Vakanz des Patriarchenstuhles Aquileia als clavis divi­dens inter Italiam et Alamaniam unde nequit haberi descensus, nisi consen­serit pastor ecclesie Aquilegensis (vgl. Attilio Hortis, Giovanni Boccacci am- basciatore in Avignone e Pileo da Prata proposto da’Fiorentini a patriarca di Aquileia. L’Archeografo Triestino N. S. 3, 1872/5, 53). Über die Bedeutung des Patriarchenstuhles hinsichtlich des Handels zwischen Italien und dem Norden vgl. Pio Paschini, Le vie commerciali alpine del Friuli nel medio evo (Memorie storiche Forogiuliesi 20, 1924) 123—135; bzw. Pier Silverio Leicht, Note sull’economia friulana al principio del secolo XIII (ebd. 33/34, 1937/8) 14 f. 37) Vgl. dazu den leider undatierten Brief Ludwigs an Karl IV. bei Franz Kurz, Österreich unter Herzog Rudolf IV. (Linz 1821) 377. — Alfons Huber, Geschichte der Vereinigung Tirols mit Österreich und der vorbereitenden Er­eignisse (Innsbruck 1864) 69; und derselbe, Geschichte des Herzogs Rudolf IV. von Österreich (Innsbruck 1865) 76, hebt auch die Annäherung Karls IV. an Meinhard von Oberbayern — Tirol hervor, doch hält Steinherz, Beziehun­gen 546, Anm. 1 „dieses Moment nicht für ausreichend, um die feindliche Haltung Rudolfs zu erklären“. Vgl. auch dessen Exkurs 1 über die zwischen Karl und Ludwig gewechselten Schmähbriefe (ebd. 603 f.). 38) W e r u n s k y, Geschichte Karls IV. 3, 260. — Über die Datierung dieser Urkunde, die Schwierigkeiten bereitet, vgl. auch den Exkurs 2 bei Steinherz, Beziehungen 604—609 und Regesta Imperii VIII, Reichssachen n. 360.

Next

/
Thumbnails
Contents