Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

RAINER, Emil: Der Abenteurer Sardan

Miszellen 523 Geist. Eine Beschreibung Sardans verdanken wir dem Steckbrief, den der Marschall Herzog de Gramont am 5. August 1674 in Bayonne gegen ihn erließ und den Sardan in Abschrift seinem Majestätsgesuche beischloß4). Danach war er damals ungefähr vierzig Jahre alt, beleibt, hatte breites, blatternarbiges Gesicht, aufgedrehten braunen Schnurrbart, bräunlich blonde Perücke, große braune Augen, stolzen Ausdruck und lebhaftes Mienenspiel. Er war begleitet von einem etwas älteren Manne und einem Diener, der nur ihn betreute. Der Name Sardan kommt im Steckbrief nicht vor, denn der Marschall erfuhr ihn erst später. Man sieht, daß der französische Geheimdienst die Augen offen hielt. Daher suchte Sardan, wenn er den heißen Atem der Verfolgung hinter sich spürte, sich unter anderen Namen zu verbergen; so nannte er sich in Holland Mirande, in Spanien Foncenade5) und in Mailand Vazenual (Vassenval?) 6). Was Sardan nach seiner Flucht aus England unternahm, ersehen wir aus einem im spanischen Generalarchiv verwahrten Briefe vom 5. Mai 1674 7). Darin schreibt Graf von Monterey, Statthalter der süd­lichen Niederlande, dem Staatssekretär Diego de la Torre, daß er — wann ist nicht angegeben — erfahren habe, ein französischer Edelmann suche ihn und den Prinzen Wilhelm III. von Oranien. Der Franzose bereite einen Aufstand von 15 bis 16.000 Mann vor und verlange 600.000 livres zur Hälfte von Holland und von Spanien sowie einen Vertrag mit der Bedingung, kein Abkommen mit Frankreich ohne Rücksichtnahme auf die aufständischen vier Provinzen zu schließen. Diese Forderung hätte Monterey zur Zurückhaltung bewogen, aber der Prinz wäre von der Sache so eingenommen gewesen (el principe ha abrazado este negocio con tanto empeno), daß der Graf umgestimmt wurde, umsomehr als er darin das einzige Mittel sah, den Hochmut Frankreichs zu demütigen und die ver­lorenen Gebiete zurückzugewinnen. Auch setzte Spanien beim Mißlingen des Unternehmens nur tausend Dublonen aufs Spiel, die Sardan für seine Reisen benötigte. Er habe darauf den spanischen Gesandten in Holland Bernardo de Salinas von der Angelegenheit unterrichtet, und dieser sei mit dem Prinzen und Sardan nach Holland gereist. Über den weiteren Verlauf der Angelegenheit unterrichtet uns Sardan in einem seiner nach Wien gesandten Mémoires8). Vor allem gibt er zu, daß der von ihm verlästerte van Beuningen den Prinzen von Oranien auf ihn aufmerksam gemacht und sich bei ihm für das Projekt eingesetzt hat. Aber mit dem Ausfluge Sardans nach England war van Beuningen nicht einverstanden, denn Sardan sagt ihm nach, er hätte ihm, um den Wort­bruch zu decken, „plusieurs méchantes raisons“ zugeschriieben. Auch 4) Siehe Anmerkung 1. Beilage F. 5) Rouisset Wile Anmerkung 2. Band II, Seite 120. F. L. J. Krämer, Een nog onuitgegeven geheim trctaat van Willem den deerden. Bijdragen voor vaderlandsche Geschiedenis en Oudheitskunide, deerde reeks, dee! VI 1892, Seite 139 und deel VII 1893, Seite 54. 11) Archivo general im Schlosse Simancas bei Valladolid, Sección Estado, Legajos 3389 No. 199. 7) Siehe Anmerkung 6, Legajo.s 3389, No. 199 und Legajos 2133. s) Siehe Anmerkung 1, Beilage C.

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