Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels

Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels 241 diesen mit Brasilien einzuleiten, wohl aber zugleich für jenen bereits be­stehenden Handel zwischen Österreich und Portugal zu erlangen“ 81 82). Wie zutreffend diese Forderungen waren, beweist schon allein die Tatsache, daß sie noch nach 60 Jahren fast wortgetreu als einziges Mittel zur An­kurbelung des Überseehandels vorgebracht wurden. Die Vorschläge Mareschals und Walters lagen der Kommerzhofkommis­sion noch nicht vor, als sie die Instruktionen für den neu nach Brasilien ernannten Gesandten ausarbeiten mußte. Die in recht allgemeinen Rede­wendungen gehaltene, die Wichtigkeit des Brasilienhandels herausstrei­chende Dienstanweisung vom 12. Juni 1820 lag dem Staatskanzler Metter­nich samt dem unterdessen eingetroffenen Situationsbericht des Baron Mareschal vor, als er am 26. August 1820 seinen Vortrag über den Auf­gabenbereich des neuen Gesandten beim königlich brasilianischen Hof, des Freiherrn Bartholomäus von Stürmer, bisher kaiserlicher Kommissar auf Napoleons Verbannungsinsel Elba, erstattete. Mit dem Abschluß des Han­delsvertrages hatte es nunmehr, aber aus anderen Gründen als jenen des österreichischen Geschäftsträgers Mareschal, keine Eile mehr „denn ob wir gleich nach Zusammenstellung aller aus Brasilien eingelangten Notizen mehrere Gegenstände unserer Produkzion kennen, welche zum Absätze in Brasilien gegen uns unentbehrliche dortige Landesprodukte geeignet sind, so sind doch unsere Handelsverbindungen zu neu, unsere Kenntnisse von den dortigen Handelsverhältnissen und Bedürfnissen zu unvollständig, als daß es gegenwärtig schon möglich wäre, mit Sicherheit eine feste Grund­lage des abzuschließenden Handelstraktates zu entwerfen. Außer diesen allgemeinen Betrachtungen sprechen noch mehrere aus den besonderen Ver­hältnissen Brasiliens und Portugals entspringende Rücksichten für die oben ausgedrückte Meinung. Unter diesen ist insbesondere die geringe Neigung nicht zu verkennen, welche der Hof von Rio de Janeiro bisher an den Tag gelegt hat, zum Abschluß eines solchen Traktates die Hände zu bieten. Der bei weitem wichtigste Grund aber, welcher es rätlich macht, mit unseren Anträgen zum Abschluß eines Handelstraktates nicht zu eilen, liegt in der Ungewißheit, welche noch über die Fortdauer des gegenwärtigen politi­schen Verhältnisses zwischen Portugal und Brasilien obwaltet“ 8S). Die Revolution in Spanien, der drohende Umsturz in Portugal und die im Gang befindlichen Verhandlungen über die Rückkehr des Hofes nach Lissabon hatten eine völlig neue politische Lage geschaffen, die es der Staats­kanzlei nicht ratsam erscheinen ließ, zu diesem Zeitpunkt mit der Regie­rung von Portugal-Brasilien einen staatsrechtlich bindenden Vertrag ab­zuschließen. Die dem neuen Gesandten in bezug auf seine handelspolitischen Aufgaben erteilte Weisung lautet daher betont zurückhaltend: „in der Frage des Handelsvertrages habe er sich darauf zu beschränken, der dor­tigen Regierung bei jeder schicklichen Gelegenheit im Allgemeinen zu er­81) Ebenda. Administrativer Bericht vom 2. Oktober 1820. 82) Hofkammerarchiv, KHK. rote Nr. 1262, ZI. 898, Vortrag Metternichs ddo. 26. August 1820. Mitteilungen, Band 17/18 16

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