Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels

236 Richard Blaas Herr Weber hatte die Waren der ersten Sendung nunmehr anfangs 1819 endlich an den Mann gebracht, „doch geben manche davon für die Sender kein angenehmes Resultat“. Auch mit der Ladung der «Iginio» und der der zwei weiteren anrollenden Schiffe konnte Weber keinen nennenswerten Erfolg buchen. Er hatte sich nämlich insoferne verspekuliert, als er glaubte, eine momentane Getreideknappheit in Rio de Janeiro zu einem großen Coup ausnützen zu können, aber dieselbe Chance hatten auch noch andere Han­delsfirmen gewittert und das „hatte zur Folge, daß eine so ungeheure Quan­tität von Waitzen und Mehl aus Nordamerika, England, Frankreich, Hol­land, Italien, Chile etc. hieher gesandt wurde und noch fortwährend an­kömmt, daß gar kein Platz zu finden ist, um solches an Land zu bringen, so daß selbst die dermaligen Preise nur nominal sind, indem gar keine Käufer zu finden und sich alle Bäcker für 6 und mehr Monate versehen haben“. Aber nicht nur Mehl und Getreide begannen einzuströmen, „der Zusammenfluß von Waaren aller Art ist seit mehreren Monaten so unge­heuer, daß sich nicht nur alle Magazine sondern auch alle Höfe und Gänge gehäuft voll befinden, so daß die Geschäfte in der Mauth wirklich mit Gefahr verknüpft sind und es fällt oft sehr schwer, sich durch das unglaub­liche Gewühl durchzudrängen“ * 70). Dieser Run auf den Brasilienmarkt erzeugte natürlich einen erbitterten Konkurrenzkampf unter den mit Bra­silien handeltreibenden Nationen, und, daß der österreichische Handel bei diesem Kampf hoffnungslos abgeschlagen auf der Strecke bleiben müßte, wenn ihm nicht durch handelspolitische Maßnahmen und privilegierte Verträge aufgeholfen würde, sah Herr Weber als gewiegter Geschäftsmann klar voraus. Die Eifersucht der alteingesessenen Firmen gegen die Neu­ankömmlinge, zu denen natürlich auch Österreich zählte, die Mißbräuche auf den Ämtern und beim Zoll, das Fehlen einer Warenbörse und die noch mangelnde Erfahrung waren einige der Gründe, die dem österreichischen Handelsmann in Rio de Janeiro zu schaffen machten. Aber auch in Öster­reich selbst war mangelndes Interesse und die nötige Wendigkeit anzuklagen. Die von Weber eingeschickten Muster, die auf den brasilianischen Ge­schmack abgestimmt waren, hatten die einheimischen Fabriken nicht zu einer Änderung ihres Produktionsprogrammes zu bewegen vermocht. Die Engländer hingegen waren in dieser Hinsicht, wie Weber meinte, viel wendiger, nicht nur daß sie den brasilianischen Markt besser kannten, sie waren sofort bereit, Waren anderer, die besser ankamen als ihre eigenen, vollendet nachzuahmen. So haben sie z. B. deutsche Textilien, nachdem sie merkten, daß diese den Brasilianern besser zusagten, sofort in der Webart, den Bleichzeichen, ja sogar in jeder Einzelheit der Verpackung „bis auf das Genaueste nachgemacht, so daß ein sehr geübtes Auge erfordert wird, um diese Leinen von wirklich deutscher Waare zu unterscheiden. Ich muß hatte, mußte die höheren Abgaben und Gebühren erlegen und hatte außerdem noch gegen recht häßliche Schikanen der Zollbehörden zu kämpfen. 70) Ebenda. Beilage zu Bericht nr. 7 B. Brief des Herrn Weber vom 5. Fe­bruar 1819.

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