Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
RILL, Gerhard: Jacobus Palaeologus (ca. 1520–1585). Ein Antitrinitarier als Schützling der Habsburger
82 Gerhard Rill Schriften zu ermitteln und sich, wenn möglich, der Person ihres Autors zu bemächtigen 263). Wahrscheinlich war an der nun folgenden Aktion von Anfang an auch der Nuntius Giovanni Francesco Bonomi, — der Biglia in dem Bestreben, möglichst viele Häretiker zur Strecke zu bringen, nicht nachstand, diesen hingegen an Geschicklichkeit und Energie bei weitem übertraf, — beteiligt 264). Palaeologus verbrachte den Herbst 1581 in Mähren bei seinem letzten Gönner, Jeti ich von Kunovic. Am 18. November ist er in Brünn nachweisbar, von wo er nach Ungarisch Brod reiste. Bereits am 20. Oktober hatte der Kaiser dem Bischof von Olmütz, Stanislav Paw- lowsk£, befohlen, den Griechen ohne alles Aufsehen festzunehmen und seine Schriften zu beschlagnahmen. Erst fünf Wochen später erhielt der Bischof das Mandat und schritt nun, im Einvernehmen mit den obersten Landesbeamten, zur Tat. Wider Erwarten leistete der als Protektor religiös und politisch verdächtiger Personen bekannte Kunovic dem Auslieferungsbefehl unverzüglich Folge; am Abend des 13. Dezember wurde Palaeologus den Kommissären des Bischofs übergeben und am nächsten Tag erfolgte sein Abtransport nach Wien und Klosterneuburg. Pawlowsky war der Überzeugung, einen politischen Hochverräter ergriffen zu haben, und er wurde in diesem Glauben noch bestärkt, als er unter den zahlreichen lateinischen und griechischen Schriften des Festgenommenen einige türkische Urkunden in roten Atlassäckchen mit goldenen Einfassungen fand; diese verdächtigen Dokumente, — die man im Umkreis des Bischofs begreiflicherweise nicht lesen konnte, — zusammen mit den gleichfalls im Besitz des Häftlings entdeckten kaiserlichen Schutz- und Rentenbriefen ließen vermuten, daß Palaeologus zwei Herren gedient und sich auch an beiden schadlos gehalten hatte 265). Während nun allgemein Vermutungen über den Grund der Fest263) Landsteiner, Palaeologus 19. 264) Laut PFB fol. 131rv und RBV fol. 115v berief sich Bonomi auf die Auslieferung des Ridolfi (eines Akteurs der mißglückten Pucci-Verschwörung 1575; vgl. A. v. R e u m o n t, Geschichte Toscana’s seit dem Ende des florentinischen Freistaates 1, Gotha 1876, 307), ähnlich wie später (1584/85) der Nuntius in Frankreich die Auslieferung Pal.s als Präzedenzfall geltend machte, um die Übergabe eines ungehorsamen Mönchs von Seite des französischen Königs zu erreichen! Vgl. Acta Nuntiaturae Gallicae II: Girolamo Ragazzoni, évéque de Bergame, nonce en France. Correspondance de sa Nonciature 1583—1586, ed. P. Biet, Rome-Paris 1962, 328 f., 377. — Über Bonomi in Prag vgl. G. C o- 1 o m b o, Notizie e documenti inediti sulla vita di M. Giovanni Francesco Bonomi (Miscellanea di storia italiana 18, 1879) 589 f.; K. Stloukal, Pocátky nun- ciatury v Praze. Bonhomini v Őechách v letech 1581—1584 (Őesky öasopis historicky 34, 1928) 1 ff., 237 ff. 285) über die Gefangennahme außer den Angaben Bydzovsky’s (Jirecek, Palaeologus 7 f.; Svátek, Culturhistorische Bilder 135 ff.) vor allem zwei Briefe Pawlowsky’s an Pemstein (23. November) und Kunovic (15. Dezember 1581) bei A. Rezek, Jakub Palaeolog (Őesky Öasopis historicky 2, 1896) 312—314; über das Schicksal der beschlagnahmten theologischen Schriften Kot, L’influence 104. Bei den türkischen Urkunden handelte es sich wahrscheinlich um die Paßbriefe, die Pal. noch 1577 (laut R fol. 182v) bei sich trug.