Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

KANN, Robert A.: Joseph Maria Baernreithers und Graf Ottokar Czernins fragmentarische Darstellung der Sixtus-Affaire. Auf Grund der Aufzeichnungen und Dokumente im Baernreitherschen Nachlaß

434 Robert A. Kann Worte die Vorgeschichte seines Besuches; offenbar hatte K. K. ihm mit­geteilt, daß ich hierüber nicht orientiert sei, und Schweigen aufgetragen r,L>). Im übrigen brachte Prinz Sixtus kein Friedensangebot. Er beabsichtigte anscheinend, das Terrain zu sondieren und zu constatieren, ob und unter welchen Bedingungen wir zu einem Separatfrieden geneigt wären. Meine Antwort beschränkte sich im wesentlichen darauf, dem Prinzen Sixtus zu erklären, daß der Friede sofort mit uns zu machen sei, wenn die Entente von den Eroberungsplänen gegen uns und unsere Bundesgenossen absehe und zu einem Verständigungsfrieden sich bereit erkläre. Es sei aber un­möglich, auf Angebote einzugehen, welche unsere Bundesgenossen aus­lieferten und Versprechungen anzunehmen, welche auf Kosten unserer Verbündeten gingen. (Bemerkung B.) mündl. v. Cz. das bezieht sich auf das Anbot von Schle­sien, das wiederholt gemacht wurde. Einen Eroberungskrieg Deutschlands würden wir nicht mitmachen und wir erwarten das erlösende Wort von der Entente, daß auch sie selbst den Krieg ohne Eroberungen abzuschließen bereit sind. Würde dieses erlösende Wort in Paris fallen, dann würden wir uns mit ganzer Kraft in den Dienst dieser gemeinsamen Sache stellen und dann auch bis zum äußersten gehen. Speziell über Italien und die London. Conf. wurde eingehend gesprochen. Der Prinz leugnete nicht, daß zwischen den italien. Aspirationen und den gegenwärtigen Pariser Absichten ein großer Unterschied bestehe, meinte aber: „wir mögen Italien feste Hiebe versetzen, dann wird es schon weich werden.“ (Derselbe Ausspruch wurde später von Armand dem Gf. Revertera gegenüber betont.) (Bemerkung B.) Cz. Mündlich: Es lautet: une bonne raclée und jagen Sie sie bis Rom. Bezüglich Deutschland betonte der Prinz, Frankreich müsse „etwas“ erhalten; ich verhielt mich diesem Postulat gegenüber sehr reserviert, wurde jedoch in meiner Absicht bestärkt, diese Korrektur dadurch zu er­reichen, daß wir Galizien an Polen und das ganze an Deutschland über­lassen. Im letzten Augenblick erbat Prinz Sixtus etwas Schriftliches, um der französischen Regierung zeigen zu können, „welcher speziell mein Standpunkt gegenüber Italien und unsere(n) Bundesgenossen sei“. Ich übergab ihm einen mit der Maschine geschriebenen und nicht unterschrie­benen Entwurf, welchen der Prinz mit nach Paris nahm, folgenden Inhalts. „1. Eine einseitige Gebietsabtrennung Ö.-U. ist ausgeschlossen; bei einer Compensation durch andere Gebiete wäre der Gedanke ventilierbar, falls in Betracht gezogen wird, daß der heldenhaft verteidigte, mit dem Blute unserer Soldaten getränkte Boden, einen für uns unvergleichlich höheren Wert hat als irgend ein anderes Gebiet. 52 52) K. u. K. K. bezieht sich auf Kaiser Karl.

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