Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

PÁSZTOR, Lajos: Die ungarischen Katholiken und der Erste Weltkrieg

410 Lajos Pásztor Er widerstrebte all jenen „nationalistischen Gewissen, deren letzte Karte immer das Schwert ist, die sich größer fühlen, wenn sie das Schwert ziehen können, und die durch dessen Schärfe die Welt ihre Macht fühlen lassen wollen“ 67). Es war nach seiner Meinung nötig, eine neue sozialwirtschaftliche Politik zu beginnen, die den Forderungen der Zeit und dem christlichen Gedanken entspringen würde 68). Sowohl Prohászka als auch Giesswein erkannten die Wichtigkeit der Presse, um internationalen Konflikten zuvorzukommen oder sie hervor­zurufen. „Die Presse bereitet die Schützengräben“, schrieb er im Jahre 1916 60). Prohászka ist auch deshalb ein eifriger Förderer der katholischen Presse in Ungarn gewesen, bei der er auch aktiv mitwirkte. Gemäß seiner Idee soll die Kirche auch während des Krieges über die Streitigkeiten erhaben sein. Die scharfe Polemik, die zwischen den fran­zösischen und deutschen Katholiken entstand, verursachte ihm daher einen besonderen Kummer70). Im Jahre 1918, dem vierten Jahre des Konfliktes, hatte Prohászka eine Bilanz gezogen über den Einfluß des Krieges auf die Religiosität und Moral der Ungarn. Er prüfte zuerst die Licht- und Schattenseiten, denen man in der Religiosität der vergangenen Jahre begegnete und zog den Schluß, daß der Krieg, unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, mehr schädlich als nützlich sei. Die Menschen seien weder besser noch sittlicher geworden. „Aber aus dem Krieg könnte etwas sehr Gutes erwachsen, das ich vom sittlichen Standpunkt aus als seine kostbarste Folge betrachten würde; und das wäre, wenn man uns dazu brächte, jeden Krieg zu hassen und wenn wir von Schrecken erfüllt würden gegen alle jene Zustände und Handlungen, die von Zeit zu Zeit die Menschheit durch den Krieg tref­fen“ 71). Nur auf einem Gebiet, schien es ihm, die Bilanz aktiv zugunsten des Krieges schließen zu können und das war im Hinblick auf die soziale Frage. „Ich denke“ ... schrieb er „daß das soziale Gefühl feiner und edler geworden ist infolge der Leiden und der Opfer, welche die Erreichung eines höheren geistigen Grades zur Folge haben werden; denn das Volk wird starken Nationen, eine höhere Organisation anstelle der Anarchie, das Gleich­gewicht des Rechtes und der Sicherheit anstatt des Krieges ... Es ist unsere Pflicht, während des Krieges an unsern Plätzen zu bleiben, aber es ist auch unsere Pflicht, unser Wunsch und unsere Freude nach dem Krieg, das Reich des Friedens zu schaffen.“ Vgl. auch Bd. IX, S. 235—237 (1917). o?) Bd. X, S. 304 (1916). os) Bd. XXII, S. 174—186 (1915). eo) Bd. XXII, S. 137 (1916). Vgl. ebenda S. 146—149 (1917). 7«) Bd. XXIII, S. 295—296 (30. November 1915), ebenda S. 298 (4. Febr. 1916). ?i) Bd. X, S. 319 (1918). Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen hatte Prohászka während des Krieges keinen Bericht bezüglich der Friedensaktion Benedikts XV. verfaßt. Aus einer Rede, die er nach dem Tode des Papstes hielt, geht aber hervor, daß er sie sehr hoch geachtet hatte. Vgl. Bd. XIII, S. 264 (1922).

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