Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
PÁSZTOR, Lajos: Die ungarischen Katholiken und der Erste Weltkrieg
400 Lajos Pásztor ungarischen Episkopat verlangt, welcher so dem immer weiter greifenden Wunsche der Bevölkerung entsprechen wollte21). Die von Benedikt XV. gelehrten Prinzipien stellten den Gedanken der ungarischen Katholiken auch die Römische Frage wieder vor Augen. Die Kirche ist die einzige Zuflucht der Menschheit, deshalb steht Benedikt XV. die Aufgabe der Vermittlung im schweren Konflikt zwischen den Mächten zu. Die Lösung des Problems eines unabhängigen kirchlichen Staates wurde also wieder sehr aktuell in den Kreisen der katholischen Ungarn und wurde auch in den Schulen im Religionsunterricht behandelt22). Die Klausel des Londoner Vertrages wurde in Ungarn schon beim Eintritt Italiens in den Krieg vorhergesehen. E. Szeghy, der sich mit den Vorteilen beschäftigte, welche die Großmächte Italien verheißen hatten, um es zu bewegen, seine Neutralität aufzugeben, drückte schon im Jahre 1915 die Meinung aus, daß unter diesen Vorteilen auch die Garantie sei, die Römische Frage gemäß dem Wunsche Italiens zu lösen 23 24). Die Enthüllung der „Neue Zürcher Nachrichten“ vom 4. März 1916 über die Klausel wurde sofort von den ungarischen Katholiken zur Kenntnis genommen 2l), welche wiederholt ihre Sympathie für die Sache des Heiligen Stuhles ausdrückten. Mit der Klausel des Londoner Vertrages beschäftigte sich auch Johannes Frey, indem er die Aufmerksamkeit der Regierung im Parlament am 13. März 1917 auf sie lenkte. Es darf derjenige nicht ein Gefangener sein *— sagte er —, dessen moralischer Einfluß auf die ganze Welt so günstig und erwünscht ist. Er forderte daher die Regierung zur Vermittlung auf, damit die Rechte des Heiligen Stuhles geachtet würden, denn, vielleicht wäre der Weltkrieg überhaupt nicht ausgebrochen, wenn der Papst frei gewesen wäre und frei seinen Einfluß und seine moralische Macht hätte ausüben können. Der Friede kann nicht nur durch Waffengewalt erhalten werden; um die Liebe und den Frieden in die Menschenherzen zu bringen, braucht es eine höhere Kraft, eben eine moralische Macht, die uns nur der Heilige Stuhl zusichern kann. So interessiert die Lösung der Römischen Frage die ganze Menschheit25). Es wurde diesbezüglich keine besondere Lösung vorgelegt; vonseiten der ungarischen Katholiken bestand man vor 21) Staatsarchiv von Budapest, Microfilmothek, Püspökkari Konferenciák jegyzőkönyve (Protokoll der Bischöflichen Konferenzen), 15. November 1916. 22) Hittantanitás a háborúban (Der Religionsunterricht während des Krieges), in „Katholikus Nevelés“, 1914, S. 414—417. 23) E. Szeghy, Az olasz hitszegés lélektana (Die Psychologie des Eidbruchs Italiens) in „M. K.“, 1915, Nr. 11 (5. Juni), S. 484. 24) F. L., A római kérdés és a katholikusok kötelessége (Die Römische Frage und die Pflicht der Katholiken), in „E. K.“, 1916, S. 113—114. 25) K. N., Bd. XXXV, S. 67—68. — Was die Klausel des Londoner Vertrages angeht, vgl. auch F. Lama, A. pápa-záradék az entente londoni szerződésében (Die Klausel bezüglich des Papstes im Londoner Vertrag der Entente), in „M. K.“, 1918, Nr. 10, S. 433—442.