Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

BENNA, Anna Hedwig: Eine Wiener Ratsliste und das Wiener Stadtrecht von 1340

Eine Wiener Ratsliste und das Wiener Stadtrecht von 1340 25 scheint zwar der damalige urkundlich öfter genannte Bürgermeister Kon­rad I. Poll 2«4) nicht, damit ist aber noch nicht gesagt, daß Konrad I. Poll nicht dem Rat angehörte. Über die Stellung des Bürgermeisters im Rate sagen weder die landesfürstlichen Satzungen noch die Ratslisten und Zeugenlisten der Urkunden etwas aus. Aus der Reihung der Ratsmitglieder in den Ratslisten und auch in den Zeugenlisten, in denen sie gelegentlich Vorkommen, kann die Funktion des Vorsitzenden im Rate für den Bürger­meister nicht mit Sicherheit angenommen werden, da die Ratsmitglieder und Urkundenzeugen nach ihrem Stand gereiht sind und jeweils ritterliche Leute den Bürgern vorausgehen2«5). Als Aussteller erschien der Bürger­meister Konrad I. Poll erstmalig 1282 neben Stadtrichter, Rat und Bürger­gemeinde 2«6). Die Treu- und Verzichtbriefe von 1288 wurden ebenfalls von Stadtrichter, Bürgermeister, geschworenem Rat und Bürgergemeinde ausgestellt 204 * * 207). Ab 1300 urkunden Bürgermeister und Rat gemeinsam in einem spezifischen Urkundentyp, den sogenannten Ratsurkunden 208). Aus den Ratslisten ergibt sich wohl eindeutig die Mitgliedschaft des Bürger­meisters im Rate. Ob er aber im Rate 209) oder in der Bürgergemeinde, die im Laufe des 14. Jahrhunderts noch immer einen nicht zu unterschätzen­den politischen Faktor im Leben der Stadt Wien darstellte21«), oder in beiden den Vorsitz führte, läßt sich aus den Quellen nicht erweisen, es spricht aber vieles dafür211). Letztlich auch die Tatsache, daß Albrecht II. im Stadtrecht von 1340 den Bürgermeister neben Rat und Bürgergemeinde als Intervenienten nennt212). Außer dem starken Anteil von Stadtrichtern und Bürgermeistern in den Ratslisten aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts fällt auch die ver­hältnismäßig große Anzahl von Inhabern städtischer und landesfürstlicher Ämter auf. So saßen Münzmeister213) und Judenrichter214), ebenso Amt­leute215), Hubmeister21«), Landschreiber217) und herzogliche Hofmeister218) 204) Zu Konrad I. Poll vgl. Luntz, Wiener Privaturkunde, S. 62, n. 110, Sailer, Ratsbürger, S. 216. Till, Wiener Bürgermeisteramt, S. 5 ff. 205) Vgl. oben Anm. 12, 13, 14, S. 3. 20«) GQSTW. 1/3, n. 1521. Vgl. Luntz, Wiener Privaturkunde, S. 136, 138, 139. Sailer, Ratsbürger, S. 15, Anm. 6. Till, Wiener Bürgermeisteramt, S. 6. 207) Vgl. oben Anm. 69. 208) Vgl. Luntz, Ratsurkunde, S. 145 ff. 2««) In manchen deutschen Städten gab es die Bezeichnung magister consilii (ratsmeister) für den Bürgermeister, vgl. Planitz, Deutsche Stadt, S. 323. 21«) Voltelini, JB. LK. NÖ. 13/14, 282 ff. 211) Luntz, Ratsurkunden, S. 139 ff. 212) Tomaschek I, n. XXXII, S. 105. Till, Wiener Bürgermeisteramt, S. 6. 213) Münzmeister: Dietrich I. Kleber (vgl. oben Anm. 124), Dietrich II. Urbetsch (vgl. oben Anm. 24), Heinrich II. Schuchler (vgl. oben Anm. 25). 214) Judenrichter: Hagen I. von Spielberg (vgl. oben Anm. 21). 215) Amtleute: Greif I. (vgl. oben Anm. 110), Leopold der Amtmann (vgl. oben Anm. 114), Nikolaus I. Eslarn (vgl. oben Anm. 114, 26), Heinrich I. Chrannest (vgl. oben Anm. 112).

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