Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
BENNA, Anna Hedwig: Eine Wiener Ratsliste und das Wiener Stadtrecht von 1340
24 Anna Hedwig Benna der städtischen Oberschicht* 196 * 198), wie dies schon lange üblich war, gewählt werden. In einem zweiten Wahlgange sollte dann die Wahl eines zweiten Bürgermeisters und zweiten Rates 194) aus den nicht der städtischen Oberschicht angehörigen Erbbürgern193), Kaufleuten und Handwerkern, welche die breiten Mittelschichten der Wiener Bevölkerung ausmachten196), erfolgen. Für die Wahl des Rates und wahrscheinlich auch des Bürgermeisters galt das Mehrheitsprinzip197). Sonstige Erfordernisse für den Rat waren: Zugehörigkeit zur städtischen Oberschicht198), Ansässigkeit, d. h. Haus- und Grundbesitz in Wien und Ehe- und Familienstand199). Vermutlich galten diese Wahlerfordernisse auch für das Bürgermeisteramt. Ein Blick in die aus dem reichen Urkundenmaterial von der modernen Forschung erstellten Bürgermeisterlisten 200 * 202 203) zeigt, daß man sich in der Praxis an diese Grundsätze hielt. Obwohl das Stadtrecht von 1296 keine Bestimmungen über die Stellung und die Aufgaben des Bürgermeisters enthielt und erst ein ganzes Jahrhundert später eine Bürgermeisterwahlordnung 291) zusammen mit einer Ratswahlordnung erlassen wurde, in der älterer Rechtsbrauch konsequent festgehalten wurde, darf doch die Mitgliedschaft des Bürgermeisters im Rat seit dem Auftreten des Bürgermeisteramtes angenommen werden. Die Ratslisten von 1320, 1330 und 1340 verzeichnen sowohl den amtierenden als auch eine Reihe von Altbürgermeistern unter den Migliedern des Rates2«2). In der Ratsliste von 1302, die zwar keine vollständige, sondern nur eine Teilliste darstellt 208), er198) Zur städtischen Oberschicht im Stadtrecht Albrechts I. 1296, vgl. oben Anm. 169. 194) Offenbar den seit den Vierziger jahren bekannten äußeren Rat, vgl. Voltelini, Jb. LK. NÖ. 14/15, 289. 193) Zu den Erbbürgem vgl. oben Anm. 7. 196) Vgl. Brunner, Finanzen, S. 10, 14. 197) Stadtrecht Albrechts I., 1296, Art. 21 (Schwind-Dopsch, n. 77, S. 152). ... auch suln dieselben ratgeben haben gewalt ze verchern di laeute des rates und ir zal minnern und meren, also ob sein dürft geschiecht darnach so daz ez zimleich und ereleich sei der stat und auch vrume. Daz sol auch also geschehen, swen deu maist menige mit rechter chur zu dem rate erwelt. Bürgermeister- und Ratswahlordnung 1396 (Schwind-Dopsch, n. 146, S. 281). ... Und swelch man von dem maisten tail der gemain zu ainem purgermaister oder zu ainem rat erwelt werden .... — 198) Vgl. oben Anm. 169. 199) Stadtrecht Albrechts I., 1296, Art. 21 (Schwind-Dopsch, n. 77, S. 152) ... si suln auch nieman zu dem rat nemen, er sei denn in der stat gesezzen mit haus und mit hove und mit wibe und mit chinden). Vgl. Planitz, Deutsche Stadt, S. 309. 2««) Tomaschek II, 261, 262. Sailer, Ratsbürger, S. 16, Anm. 4. 201) Planitz, Deutsche Stadt, S. 323 konnte das Vorhandensein von 2 bzw. mehreren Bürgermeistern in verschiedenen deutschen Städten nachweisen. 202) Vgl. oben Anm. 118, 127, 139, 23, sowie Altbürgermeister, Anm. 123, 23, 26, 28, 33. 203) Vgl. oben Anm. 12.