Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
SUTTER, Berthold: Erzherzog Johanns Kritik an Österreich
194 Berthold Sutter sehr brave Männer, laut. Klage auf Klage. Eine Reihe von Kniffen der Unterbeamten, Erpressungen, unnöthige Strenge, vorzüglich über die Bezirksanlagen. Und da scheinet der Unterbeamte Meßner von Rottenmann und der von Strechau die ärgeren zu seyn; Stolz, Härte, Eigennutz. Ich notierte mir alles auf. Auch die große Genauigkeit des Stiftes Admont, alles Verjährte wieder zu erwerben, ist nicht an der Zeit. Wie schlecht die untere Verwaltung, wie langsam der Geschäftsgang, wie lau die Gerechtigkeitspflege, wie wenig Nachsicht und Überzeugung von Seite des Kreisamtes. Viel Schreiben, Commissioniren, kein Resultat und alles in Sachen des Unterthanens. Die Leute auch sehr erbittert und meine alte Überzeugung bestätigend, daß in Obersteyer die hauptgewerkschaftlichen Bezirke und jene des Palten- und Ennsthaies die gereizesten sind, wo es nur eines Anlasses bedarf, damit es losgehe.“ Nicht viel erfreulicher ist das Bild, das sich schon am folgenden Tag dem Erzherzog in Rottenmann, wohin die Bauern und Landwirte aus der Umgebung, aus dem Lassing- und Strechengraben gekommen waren, in der erstaunlich offenen Aussprache darbot. ,,Es ist herzbrechend zu hören die Willkühr der Unterbeamten. Die Härte und das materielle Thun des Kreisamtes und mehrere facta sprechen wenig zu Gunsten des Herzens des Kreishauptmannes ... Pfändungen, Gelderpressungen, Härte, kurz alles, um die Leute auf das Äusserste zu bringen. Weinend bethen sie um Hilfe, die so leicht wäre. Wer soll sie aber geben? Wann dieselbe kommen? Bey unserem Geschäftsgänge, bey der Blindheit, welche in Wien bey den Stellen herrschet. Ich werde alles an den Kaiser berichten, vielleicht beweget dieses zu anderen Ansichten.“ Über die Mitgliederversammlung am 16. Dezember vermerkte der Erzherzog in seinem Tagebuch: „Da hörte ich wieder viele Unfuge, Unordnungen, Bezirksbeamte vorher Vertreter der Leute sehr geliebt, izt als Herrschaftsbesitzer streng und genau und nicht ganz rein von Eigennutz. So ist es, wenn das Eigene ins Spiel kommt, wie wenige halten da die Probe. Aber daß man die Leute will anhalten, Veraltetes als Rückstände zu zahlen und da sie mit Treu und Glauben eines früheren Beamten ihre Käufe gemacht in der Versicherung, alles sey liquidirt und izt seiner Unordnung wegen zahlen müssen, kann ich nicht billigen, umso mehr als es 15—16 Jahre zurückreicht. Dieses und so manch andere Sachen, die Execution, Pfändung usw. müssen die Leute zur Verzweiflung bringen. Einer trauert um den Anderen und fällt, und dabey geht die Redlichkeit, die Guthmüthigkeit zu Grunde.“ wodurch vorgebeuget oder Einhalt gethan werden kann —, Zusammenwirken, damit die Industrialzweige nicht gänzlich stocken und dann viele Brotlose, im ganzen Lande zerstreute Menschen Stoff zu Unruhen und vielerley Unfug werden, gibt vollauf zu thun.“ H.H.St.A. Wien, Familienarchiv, Sammelbände 51.