Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

SUTTER, Berthold: Erzherzog Johanns Kritik an Österreich

172 Berthold Sutter Viele Jahre später, am 9. Jänner 1836, schrieb der Erzherzog eine für ihn sehr bezeichnende Stelle in sein Tagebuch: „Ich wurde ja eine lange Zeit zu den Liberalen gerechnet, und man­che mögen es noch glauben. Und wenn Liberalismus darinnen bestehet, das Stillstehen und das Zurücktrachten auf Altes, Verrostetes, nicht mehr Passendes nicht zu billigen und entgegen zu seyn, so haben jene Recht. Leider wird die unaufhaltbare Zeit meinen Ansichten Gerech­tigkeit ergehen lassen, und wenn ich bestimmt bin, noch in meinem Leben zu wirken, so ist es in der Zeit der Not und der Verlegenheit. Bis dahin aber, so wie ich es jetzt thue, tröstend, beruhigend in jenen Provinzen, wo mich schon mein seliger Herr dazu berechtigte und wo es Noth thut.“ Es ist wohl nicht notwendig hervorzuheben, daß Erzherzog Johann aber auch kein blinder Neuerer um jeden Preis war, doch wissen wenige, daß ihm die Erhaltung des ältesten Teiles der Wiener Hofburg mit dem Schweizerhof zu verdanken ist. Als im Jahre 1817 die Pläne des Hofkriegs­rates für den Stadtgraben und „übertriebene Entwürfe“ Vorlagen, denen zufolge das Haus seiner Voreltern fallen sollte, hat er alle Schritte unter­nommen, um dies zu verhindern. In sein Tagebuch aber schrieb er 14): „Die Burg soll erbauet werden, dahin zielt es. Da fallt zuerst der Schweizerhof, das Andenken unserer Vorväter. Kann denn nicht, wo seit mehreren 100 Jahren der zahlreiche Stamm gewöhnet, es dort so blei­ben? Wäre es nicht besser eine ordentliche Brücke über die Donau zu machen, da jetzt gar keine solche bestehet, die Verbindungsbrücken mit der Leopoldstadt mit dem Einsturz drohen.“ Die Hauptstraßen solle man pflastern, forderte der kaiserliche Prinz weiter, notwendig für Reinlichkeit und Gesundheit. Erziehungshäuser solle ii) ii) Eintragung für die Zeit vom 26. Feber—9. März 1817. — Am 18. März 1824 fand Erzherzog Johann in der Kirche des unter Kaiser Joseph II. auf- gelassenen steirischen Augustiner-Chorherrenstiftes Seckau die Gruft seines Ahnen, Erzherzog Karls II. von Innerösterreich (Vater Kaiser Ferdinands II.), erbrochen. „ ... besuchte die herrliche Kirche, das Grabmal meines edlen Ahn­herren, Erzherzog Karl, ließ die Gruft öffnen, stieg hinab, sah den offenenen Sarg und den noch kenntlichen Leichnahm dieses Herren, empörte mich über den Frevel, wie man die Gruft . . . eröffnet, die Särge erbrochen, dem Erzherzoge Kreuz und Ring geraubet und sogar den Bart ausgeraufet. Befahl mir einen Bericht zu machen, damit ich es meinem Kaiser nahelegen könne, damit Er nach seiner Würde, diesem Ahnherren die gehörige Ehre erweisen lasse. Besuchte die Ruinen des Klosters, der Liechtensteinschen Capelle, wo der edle Ulrich und sein Sohn Otto liegen, — überall alles erbrochen. — Gieng durch die Gebäude und den Mayerhof,; den Grimm im Herzen über so eine Verwaltung.“ Die Neubeisetzung Erzherzog Karls von Innerösterreich (1540—1590) und dessen Familie in Bleisärgen in der auf Betreiben Erzherzog Johanns neu hergestellten Gruft erfolgte am 25. Oktober 1827 im Beisein des Erzherzogs als Stellvertreter des Kaisers. Das Beisetzungsprotokoll im H.H.St.A. Wien, Familienurkunden 1319.

Next

/
Thumbnails
Contents