Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)
KÜHNEL, Harry: Pietro Andrea Matthioli. Leibarzt und Botaniker des 16. Jahrhunderts
Pietro Andrea Matthioli 65 in Rom -— nach seinen eigenen Angaben hielt er sich im Hl. Geistspital auf —, doch haben ihn die kriegerischen Ereignisse, die Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Karl V. und Papst Clemens VII., die im „Sacco di Roma“ ihren Höhepunkt erreichten, zum Verlassen der Ewigen Stadt bewogen5). Über Venedig begab er sich nach Trient und erfreute sich bald der Gunst des Fürstbischofs Kardinal Bernhard Cles, der die gelehrte und talentierte Persönlichkeit Matthiolis eifrig förderte und diesen auch nach Cles, seinem Herrschaftssitz im Nonstal, mitnahm, wo Matthioli seinen Forschungen über Heil- und Giftkräuter nachging6). Bis zum Jahre 1540, nach anderer Auffassung bis 1542 7) blieb Matthioli, wohl in der Funktion eines Leibarztes des Kardinal Cles, in Trient. Wie sehr er sich inmitten der Berge wohlfühlte, geht aus seiner Dedikation in der dritten italienischen Auflage (1549) des „Dioscorides“ an Fürstbischof Christoph Madruz, dem Nachfolger Cles’, hervor: „ ... per avermi dato lungamente in habitatione la floridissima valle Anaunia del distretto della vaga et molto magnifica citta di Trento ... per es ser quivi i suoi altissimi monti gloriose piante dodati dalia natura“ 8). Bernhard Cles, einer der wichtigsten Männer in der Umgebung Ferdinands I., Renaissancefürst kat exochen, stand mit vielen Gelehrten und Politikern im Briefwechsel und trat entschieden dem Protestantismus entgegen. Im Jahre 1536 unternahm er im Auftrag Ferdinands eine Reise nach Neapel, wo er die Ansprüche des Königs auf Ungarn gegen die Forderungen der Delegierten Zapolyas verteidigte9). Wir wissen, daß Matthioli den Fürstbischof bei dieser Mission begleitete und mit ihm im April 1536 in Rom eintraf. Hier wurde zunächst mit dem päpstlichen Gesandten Girolamo Rorario und dessen Leibarzt Hieronymus Drogus aus Parma verhandelt. Die Reise benützte Matthioli, um sein Wissen auf dem Gebiet der materia medica zu bereichern, wozu er besonders dann in Neapel Gelegenheit hatte. Die päpstlichen Delegierten Rorario und Drogus, der Botanik aufgeschlossen, machte er mit bisher unbekannten Sträuchern vertraut10). 1542 wurde Matthioli, der als Arzt bereits großes Ansehen genoß, vom 5) G. Conci, Nel IV centenario della venuta di Pier Andrea Matthioli, S. 34. De Toni, Pierandrea Mattioli, S. 382. 6) O. Rudel, Beiträge zur Geschichte der Medizin in Tirol, S. 66. F. Ambrosi, Di Pietro Andrea Matthioli sanese, S. 49. L. Senfeider, Beiträge zu einer Biographie des P. A. Matthiolus, S. 1479. 7) Gurlt-Wernich-Hirsch, Biographisches Lexikon, Bd. 4, S. 119. 8) F.Ambrosi, Di Pietro Andrea Matthioli sanese, S. 52. M. Bori, Nuovi documenti intorno alle relazioni di Piertro Andrea Mattioli, S. 246. O. Rudel, Beiträge zur Geschichte der Medizin in Tirol, S. 66. 9) Franz Hüter, Bernhard v. Cles (Neue Deutsche Biographie, Bd. 2, Berlin 1955), S. 115 f. Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 2 (Freiburg i. Br. 1958), S. 1234. F. Ambrosi, Di Pietro Andrea Mattioli sanese, S. 50. Andreas Cornaro, Die Reise des Kardinals Bernhard Cles zu Kaiser Mitteilungen, Band 15 5