Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)

SILAGI, Denis: Aktenstücke zur Geschichte des Ignaz von Martinovics

250 Denis Silagi Freund [sei] stündlich bereit eine Reise nach Ungarn an zu tretten“, um den Dingen auf den Grund zu gehen. Die Hülle der Note Gotthardis wurde zwar — vermutlich im Kabinett — mit dem Vermerk „Geheime Nach­richten aus Ungarn, welche aber übertrieben zu seyn scheinen“ versehen, doch riet Pergen dem Kaiser dennoch, Martinovics ins Königreich zu schicken, und Kaiser Franz stimmte dem Antrag zu. Im April 1793 besuchte Martinovics mehrere Städte und Ortschaften Ungarns und Siebenbürgens, um für das Polizeiministerium Informationen zu sammeln. Von einigen Stationen seiner Fahrt sandte er — wie immer, teilweise frei erfundene — Berichte an Gotthardi. Dieser kopierte sie in der üblichen Art und übermittelte sie an den Grafen von Pergen, der dann die Rapporte dem Kaiser vorlegte. Nach seiner Rückkehr nach Wien schrieb Martinovics am 18. Mai 1793 einen abschließenden Bericht nieder, dem er die Abrechnung seiner Reise­kosten beifügte. In Zusammenhang mit seiner Reise reichte der Professor am 7. Juni einen weiteren Bericht ein, und ein zweiter „nachträglicher Rapport“ wurde noch am 26. Juni durch den Grafen Saurau dem Kaiser zugeleitet. * Gotthardis Schreiben vom 26. März 1793, der den Vorschlag zu der im April durchgeführten Reise enthielt, und die von Gotthardi angefertigte Kopie des Berichtes vom 18. Mai 1793 sind in den „Schriften der unga­rischen Jakobiner“ abgedruckt13). Vier Rapporte von der Reise selbst, die Abrechnung Martinovics’ und der Bericht vom 7. Juni waren von Wil­helm Fraknói (1921) 14) bzw. Elemér Mályusz (1926) 15) erwähnt oder kurz exzerpiert worden, doch galten sie seither als unauffindbar. Koloman Benda nahm 1957 an, sie seien teils 1927 im Justizpalast verbrannt, teils im HHStA verborgen16). Von dem Bericht, den Martinovics in der letzten Juniwoche 1793 abgeliefert hatte, besaß man bis jetzt keine Kenntnis. Tatsächlich liegen zwei von den erwähnten, auf der Reise entstande­nen vier Rapporten (mitsamt ihrer für Kaiser Franz bestimmten Begleit­noten, sowie einer weiteren Begleitnote zu einem anderen Bericht Mar­tinovics’) im Allgemeinen Verwaltungsarchiv in Wien; diese Aktenstücke wurden zwar 1927 beim Brand des Justizpalastes beschädigt, sie sind aber gut rekonstruierbar. Die anderen zwei Rapporte finden sich als Beilage zu einem Schreiben Pergens an den Monarchen in den Kaiser Franz-Akten im HHStA. Ebendort ruhen unter den Polizeiberichten des Bestandes „In­formations-Büro“ die Abrechnung Martinovics’ mit Datum des 17. Mai 1793, sowie die Begleitnote Pergens zu dem — bekannten — Schreiben des Martinovics vom 18. Mai. Darin riet Pergen dem Kaiser, die Behaup­13) „Schriften der ungarischen Jakobiner“, I, 878 ff., 880 f. 14) Wilhelm Fraknói, Martinovics élete. [Das Leben des Martinovics.] Budapest 1921, 78 ff. 16) Mályusz, a. a. O., 164. 16) „Schriften der ungarischen Jakobiner“ I, 878, Fußnote 1.

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