Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)

KÁLLAY, István: Zur Verwaltungsgeschichte der freien königlichen ungarischen Städte im 17. und 18. Jahrhundert

Verwaltungsgeschichte der freien königl.-ungar. Städte im 17. und 18. Jhdt. 197 ren, originale Urkunden ohne Erlaubnis nicht herausgeben werden. Nach den Verordnungen konnten erledigte Akten nur im Stadtarchiv aufbewahrt werden. In einigen Städten wurden später dieselben im Archiv protokolliert, oder nahm man von ihnen einen Elenchus auf79). Der Innere Rat (Magistrat) tagte im Rathaus nicht regelmäßig. In einigen Städten waren die Sitzungstermine sogar geregelt, aber das war nicht allgemein üblich. 1759 tagte der Stadtmagistrat von Szegedin in Kri­minalsachen am 29. Jänner, am 12. März, am 11. und 17. Mai, am 1. Juni, am 21. und 27. Juli und am 10. September 80). In Debrezin war es gebräuch­lich, jede Woche am Montag die höheren Verordnungen zu verlesen; Diens­tag die äußeren Dienste zu versehen (außerhalb des Rathauses); Mittwoch waren die bürgerlichen Prozesse an der Tagesordnung; Donnerstag diesel­ben, aber nur mündlich; Freitag die finanziellen und wirtschaftlichen An­gelegenheiten der Stadt; Samstag die Kriminalprozesse81). Die Sitzungen begannen immer mit der Verlesung des Protokolles der vorherigen Sit­zung 82 *). Das Gerichtsverfahren in den Städten ging prinzipiell nach ihren eige­nen Gewohnheiten vor sich, doch sollten dieselben die Gesetze des Landes einhalten8S). Während der Untersuchung waren meistens Ratsmitglieder (sogar aus dem Äußeren Rate) tätig; sie stellten die Inquisition an, und protokollierten das Ergebnis der Vernehmung. Nach dem Schluß der Unter­suchung verordnete der Stadtrichter oder der Stadtanwalt die Einleitung des Prozesses gegen den Untersuchten oder die Klageerhebung. Die Ladung geschah durch den Klagebrief, der von einem der Kanzlisten zugestellt und vorgezeigt wurde84). Die Prozeßmomente (Levata, Proclamatio, Litis con­testatio usw.) waren meistens jenen bei den Komitatsgerichten ähnlich. In der Periode der Beweisführung legten sowohl der Ankläger wie die Ver­teidigung ihr Beweismaterial vor. Regelmäßig brachte der Rat in einer anderen Sitzung ein Schlußurteil (Sententia definitiva). In Kriminalprozes­sen gab es für Stadtbürger und nicht adelige Personen bis 1790 keine Appellation85). Das Urteil wurde auf Grund „der heimischen Gesetze“ formuliert. Einen großen Einfluß übte auf die ungarische Stadtgerichts­barkeit die Niederösterreichische Landgerichtsordnung vom Jahre 1657 aus, die in Ungarn unter dem Namen „Praxis Criminalis“ bekannt 79) Ebenda, Stadtarchiv Stuhlweißenburg. Acta politica et juridica. Fasz. 1753. Nr. 115. 1753. 8. V. 80) Stadtarchiv Szeged. Protocollum criminale. 1751—62. 81) Szűcs István, Debrecen város történelme. Debrecen 1871. B. III. S. 874. 82) Stadtarchiv Stuhlweißenburg. Acta politica et juridica. Fasz. 1765. Nr. 94. 1765. 4. X. 83) Frank, B. I. S. 142. Stadtarchiv Stuhlweißenburg. Acta politica et juri­dica. Fasz. 1753. 8. V. Nr. 115. 84) Kövy, S. 686 und 649. 85) Erst der Gesetzesartikel 43 vom Jahre 1790 erlaubte in Kriminalsachen den Bürgern und nicht adeligen Personen die Appellation.

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