Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)

GALL, Franz: Palatinatsverleihungen an italienische Universitäten und Gelehrte Gesellschaften 1530–1653

94 Franz Gall Zu den Besonderheiten des seit 1355 9) auch in den cisalpinen Gebieten des Heiligen Römischen Reiches heimischen Pfalzgrafenamtes gehörte die seit dem frühen 15. Jahrhundert (1417) 10) einsetzende Vererblichung desselben. Bereits um die Mitte des 14. Jahrhunderts aber finden sich auch Fälle, in denen die erbliche Comitive (zunächst ohne den Pfalzgrafen­titel) an bestimmte öffentliche Ämter und Würden gebunden war11). Aus dieser Tatsache und der allgemeinen geistesgeschichtlichen Situation der Zeit wird es dann verständlich, daß Kaiser und Päpste den in ihrem ersten Lebensfrühling stehenden hohen Schulen ähnliche Rechte verliehen ha­ben 12). Vor kurzem erst spürte Herbert Grundmann13) den Wurzeln jener spontanen Impulse nach, welche zur Entstehung der abendländischen Uni­versitäten geführt haben. Dabei konnte unter Bezugnahme auf Alexander von Roes14), Tolomeus von Lucca15), Wilhelm von Nagis16) und nicht zuletzt den Babenberger Otto von Freising17), gezeigt werden, daß schon lange vor der Entstehung der Generalstudien die „secularis potestas“, der „divinus cultus“ und die „sapientia scholastica“ als drei gleichberecntigte und universale „principatus“ verstanden wurden18), ja daß der Lehre von der „translatio imperii“, auch eine solche von der „translatio studii“ ent­sprach 19). Es war bei dieser Einstellung der Wissenschaft und ihren eigentlichen Kristallisationspunkten — den Hochschulen — gegenüber, nicht verwunder­lich, daß die mittelalterliche Universität einen sozialen „numerus clausus“ nicht kannte20). „Das Studium der Wissenschaft vermag den Niedrig­9) J. Arndt, a. a. 0. 10) F. Hauptmann, a. a. O., S. 184 f. 11) So wurden bereits 1358 die Befugnisse des Amtes den Bischöfen von Prag verliehen. Vgl. F. Böhmer, Regesta Imperii etc. p. 226. 12) Vgl. Hauptmann, a. a. 0., S. 186 ff. 13) Vom Ursprung der Universität im Mittelalter, in: Berichte über die Verhandlungen der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, phil.- hist. Klasse 103, 1957, S. Iff.; vgl. auch R. Meister, Beiträge zur Gründungs- geschiehte der mittelalterlichen Universität, in: Anzeiger der phil.-hist. Klasse der Österr. Akademie der Wissenschaften 1957, S. 4 ff. 14) Grundmann, a. a. O., S. 59. 15) S. Thomae Aquinatis opuscula omnia ed. P. Madonnet 1, 1927, p. 378. 10) Grundmann, a. a. 0., S. 61. 17) Ottonis ep. Frisingensis chronica ed. A. Hofmeister, SS. rer. Germ, in us. Sehol. 2, 1912, p. 227 u. 372. is) Vgl. auch H. Grundmann, Sacerdotium, Regnum, Studium, in: Archiv f. Kulturgeschichte 34, 1951, S. 5 ff. 19) S. E. Gilson, Les idées et les lettres, 1932, p. 193 f. 20) Grundmann, a. a. O., S. 23. — F. Eulenburg, Die Frequenz der deutschen Universitäten von ihrer Gründung bis zur Gegenwart, 1904, S. 70 ff.; F. Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts in Deutschland 1, 1919, S. 226; G. Kauf­mann, Geschichte der deutschen Universitäten 1, 1897, S. 197 ff.; F. Gail, in: Die Matrikel der Universität Wien 1, 1956, S. XX ff.; F. Schulze und P. Ssy-

Next

/
Thumbnails
Contents