Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)
AUER, Erwin M.: Die Präbende des Ordens vom Goldenen Vlies
Die Präbende des Ordens vom Goldenen Vließ 3 vivre sustentation et estat de douze povres chevaliers venus en povrete a l’occassion des guerres ou autre Infortune et cas piteable, qui auront, comme dit est vescu honnestement et sans villain Reproche in Aussicht genommen. 30 Jahre später setzte der Ordensgründer auf dem Kapitel zu St. Omer ein aus 5 Toisonisten und 3 Ordensoffizieren bestehendes Komitee ein0), das die Aktivierung dieser Stiftung zu studieren hatte, doch trat die Stiftung bis zum Tode des Gründers und unter seinem Sohn Karl dem Kühnen nicht in Kraft, obwohl der Trésorier auf dem Ordenskapitel zu Valenciennes im Jahre 1473 neuerlich die Stiftungsurkunde vorlegte* 10). Der dritte Souverain des Ordens, Erzherzog Maximilian von Österreich erklärte sich 1481 auf dem Kapitel zu Bois-le-duc bereit, die Stiftung für 12 unverschuldet in Armut geratene Ritter zu Dijon in dem Zeitpunkte sofort aufleben zu lassen, in dem das seit dem Tode Karls des Kühnen durch den König von Frankreich besetzte Herzogtum Burgund wieder unter seine Herrschaft gelange11). Dijon aber blieb im Besitz der französischen Krone und die geplante Stiftung Herzog Philipps des Guten wurde auch unter den folgenden Souverains nicht wirksam. Allmählich geriet sie in Vergessenheit. Vier Jahrhunderte mußten vergehen, bis der vierzehnte Chef und Souverain des Toisonordens anläßlich der Säkularfeier der Institution im Jahre 1830 die geplante Stiftung Herzog Philipps des Guten in einer dem XIX. Jahrhundert angemessenen Form tatsächlich errichtete. Der Ordenskanzler Cajetan Freiherr von Münch-Bellinghausen 12) dürfte im Zuge der Vorbereitungen für die Jahrhundertfeier Kaiser Franz I. von Österreich die Veröffentlichung der oberwähnten Rheteler Urkunde vom Jänner 1431, die auch für die Stellung der Ordensoffiziere von Belang ist, als Stiftbrief 13) gemeinsam mit den dem Orden bis dahin verliehenen Bullen und Breven zum Zwecke der Verteilung an die Ordensritter vorgeschlagen haben. Bei dieser Gelegenheit scheint14) der Plan einer neuen Toison-Stiftung aufgetaucht Sammlung neben Stiftbrief auch als Bullarium, die Privilegien oder Supplement des Statutenbuches bezeichnet. Es stehen heute noch Exemplare der zweiten und dritten Auflage in Verwendung. Neuerdings wird sie Brevebuch genannt (Regelbuch für die Ritter des Ordens vom Goldenen Vließ. [Wien 1952], 9 und 12). °) Reiffenberg, a. a. O., 40 f. Anm. 1. 10) Ebenda, 79. 11) Ebenda, 117. — Payer-Thurn, a. a. O., 32 f. 12) Cajetan Freiherr von Münch-Bellinghausen (géb. 1. November 1776 zu Wien, 1818 staatsrätlicher Referent, 1827 wirklicher Staats- und Conferenzrat, gest. 27. Juni 1831 zu Wien) wurde am 23. November 1823 als Kanzler des Toi- son-Ordens bestellt (ZI. 12/TO/1823, Lettres patentes ZI. 13/TO/1823) und übte diese Funktion bis zu seinem Tode aus (ZI. 8/TO/1831). Vgl. auch Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Bd. 19, Wien 1868, 416 f. 13) Vgl. oben Anm. 8. 14) Die Aktenlage für die Stiftung der Toison-Ordens-Präbende (ZI. 5/TO/ 1830 = nur 10 Folien!) und die Säkularfeier (ZI. 6/TO/1830) ist sehr dürftig. Schon 1872 klagt der Kabinettssekretär und nachmalige Wappenkönig des 1*