Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

WOHLGEMUTH-KOTASEK, Edith: Erzherzog Johann in seinen Briefen an Marie Louise

546 Edith Wohlgemuth-Kotasek Doch knüpfte er eine Bitte an seine Mitteilung: „Ich hoffe, sie werden nicht darüber böse werden. Sie waren die erste, welche nach meinem guten, theuren, seeligen Herren meiner Frau ein gutes Gesicht zeigten68). Ich habe und werde dieß nie vergessen — dieß giebt mir den Muth, an Sie die Bitte zu stellen ... wenn ich eine Tochter von Gott geschenket bekomme, Taufpathin seyn zu wollen. — Diese Sache hat keine Consequenz und mir ist nur zu thun, daß ich Ihnen beweise, wie sehr mir ihre Freundschaft werth ist. — Gewiß hätten sie mich in einem ähnlichen Falle bereitwillig gefunden, da ich nur (!) in früheren, sowie in jeder Zeit Ihnen Glück und Zufriedenheit wünschte und herzlich Antheil nahm an allem, was Sie be­traf. Also, liebste Nichte, thun Sie, was Sie wollen — sagen Sie ja, so wird es mich sehr freuen und meine gute, brafe Frau Ihnen dafür sehr dankbar seyn — sagen Sie nein, so ändert dieses in unserer Freundschaft nichts. — Sie kennen mich lange genug, um zu wissen, wie sehr ich die größte Auf­richtigkeit liebe und schätze ... Liebste Nichte, werden Sie nicht böse auf mich und denken Sie sich nur — daß ein ehrlich Herz auch wieder Herzen suchet, die ihm (!) verstehen“ 69). Marie Louise muß, wie der nächste Brief Johanns bezeugt, sehr prompt und zustimmend geantwortet haben. Trotzdem wurde aus ihrer Patenschaft nichts, denn im gleichen Schreiben konnte Johann die Geburt eines „starken, blauäugigen Knaben“ 70 *) melden, für den der schon oben erwähnte Lieb­lingsbruder des glücklichen Vaters, Erzherzog Ludwig, den Paten machte n)- Von da ab kehren in Johanns Briefen die zwar zurückhaltenden, aber Stolz und Freude widerspiegelnden Berichte über seines Sohnes Ent­wicklungsgang und etwa auch über Erziehungsgrundsätze wieder. Es war des Vaters Wunsch, in ihm die gleiche Verehrung für Marie Louise wach­zurufen, die er selbst für sie hegte: „Mein Kleiner kann noch nichts sagen, aber wenn ihm einmal die Stimme gelöset seyn und die Erkenntniß kommen wird, so wird er gewiß Dank gegen jene am ersten ausdrücken, die seinem Vater und Mutter ein Herz zeigten“ 72). Was in den ersten Jahren der Korrespondenz durch Marie Louisens sehr private Engagements ziemlich selten der Fall war, wurde in deren letzten Lebensjahren immer häufiger — nämlich persönliche Treffen zwischen Onkel und Nichte, die jener mit peinlicher Sorgfalt und ritterlicher Rück­sichtnahme vorzubereiten pflegte, indem er umsichtige Ratschläge für die Reiseroute erteilte, Weg- und Wittern ngsverhältnisse meldete und immer mehrere Möglichkeiten zur Wahl ließ, um ja nie Beschwernis zu bereiten oder unbescheiden zu erscheinen. Es machte ihm und seiner Gattin beson­deres Vergnügen, in Graz oder auf einem ihrer Güter die durchreisende 68) Was auch in „Der Brandhofer und seine Hausfrau“ erwähnt wird. 69) Nr. 51 vom 13. 2. 1839. 70) Franz Ludwig, seit 30. 12. 1845 Graf von Meran, geh. 11. 3. 1839, gest. 27. 3. 1891. 71) Nr. 52 vom 11. 5. 1839. 72) Nr. 54 vom 28. 8. 1839.

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