Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
BENNA, Anna Hedwig: Ein römischer Königswahlplan Karls III. von Spanien (1708–1710)
8 Anna Hedwig Benna Jahren den Kampf gegen Prinz Eugen verloren45). Salm zählte trotz des ihm von der Kaiserinmutter geschenkten Vertrauens nicht zu den von Karl besonders geschätzten Personen 46). Allerdings erschien er Karl noch immer tragbarer und annehmbarer als der vom Kaiser für den Vorsitz in der geheimen Konferenz in Aussicht genommene Onkel des Favoriten Lamberg, der Kardinal Lamberg47), dessen bayernfreundliche Haltung Karl III. mit tiefem Mißtrauen erfüllte48). Außer Wratislaw und dem Reichsvizekanzler Friedrich Karl von Schönborn, der erst langsam das Vertrauen des Kaisers gewinnen konnte49), fand Karl in der Person des 2. österreichischen Hofkanzlers Philipp Ludwig Grafen von Sinzendorf 50), mit dem ihn ebenso wie mit Schönborn in den Jahren seiner Herrschaft in Spanien ein überaus reger politischer Briefwechsel verband51), einen sehr bereitwilligen Helfer in der Verfolgung seines römischen Königsplanes. Das Bild, welches zeitgenössische Quellen von der Persönlichkeit Sinzendorfs zeichneten, fiel nicht sehr schmeichelhaft für dessen Charakter aus. Man warf ihm Eitelkeit, Selbstgefälligkeit und vor allem Eigennützigkeit vor, er soll auch die Genüsse des Lebens geliebt haben. Als Politiker konnte man ihm eine gewisse Liebenswürdigkeit, Gewandtheit und Geschmeidigkeit nicht absprechen52 53 *). Er gehört jedenfalls zu den österreichischen Staatsmännern, die man noch zu wenig kennt. Sinzendorf dürfte seinen Aufstieg dem Fürsten Salm zu verdanken haben 5S). Das Revirement in den obersten Ämtern nach dem Tod Kaiser Leopolds I. brachte ihn zusammen mit dem tüchtigen, erst jüngst geadelten Seilern an die Spitze der 45) Braubach a. a. O., S. 121—130. 49) Kaiserin Eleonore Magdalena Theresia an Karl III., 1708 Oktober 4, Familienarchiv Sammelbände Kart. 1. Karl III. an Wratislaw, 1708 Dezember 27, Arneth, AfÖG 16, 80. 47) Karl III. an Sinzendorf, 1708 August 5, Große Korrespondenz Fz. 74 a. Karl III. an Wratislaw, 1708 März 2, Familienkorrespondenz A Kart. 23. 48) Karl III. an Wratislaw, 1709 Juni 30, Familienkorrespondenz A Kart. 19. 49) Hantsch a. a. 0., S. 141, 145, 147. 59) Zu Sinzendorf vgl. T. v. Borodajkewicz, Kaiser und Reichserzkanzler bei Beginn des spanischen Erbfolgekrieges, Hist. Bll. 7 (1937) S. 140. 141. O. v. Gschliesser, Der Reichshofrat. Bedeutung und Verfassung, Schicksal und Besetzung einer obersten Reichsbehörde von 1559 bis 1806, Veröff. d. Kommission f. Neuere Gesch. Österreichs 33 (1942) S. 331, 342, 355, 395, 411, 519. M. Braubach, Eine Satire auf den Wiener Hof aus den letzten Jahren Kaiser Karls VI. MOEIG 53 (1939) S. 43—44, Versailles und Wien, S. 145. Anm. 20, 146. Geschichte und Abenteuer, S. 192, Anm. 59. 51) Der Briefwechsel Sinzendorf-Karl III. erliegt in: Große Korrespondenz Fz. 72b, 74 a. b. c. und in: Familienkorrespondenz A Kart. 22, und erstreckt sich über die Jahre 1705 bis 1711. Die hier zitierten Stücke sind durchwegs eigenhändig. 52) Braubach, MOEIG 53, 43, Anm. 2, 44 Anm. 1. Das dort angezogene Urteil Friedrichs II. von Preußen hat nur für die letzte Zeit Sinzendorfs Gültigkeit. 53) C. v. Noorden, Europäische Geschichte im achtzehnten Jahrhundert 2, (1874) S. 129. Turba, Reichsgraf Seilern, S. 192.