Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)
WAGNER, Hans: † Josef Karl Mayr (1885–1960)
Nachruf 605 Leutnantsrechnungsführer. 1923 erhielt er den Titel eines Sektionsrates, 1926 wurde er Oberstaatsarchivar, 1933 hat er den Titel eines Hofrates erhalten. Am 22. Mai 1944, nach dem zu frühen Tod seines Vorbildes und Freundes Lothar Groß, wurde Hofrat Mayr mit der Leitung des Haus-, Hof- und Staatsarchives betraut, gleichzeitig wurde er der Stellvertreter Ludwig Bittners, des Direktors des damaligen Wiener Reichs- archives. Die Ereignisse des Jahres 1945 hat Hofrat Mayr in Wien miterlebt, nach dem Tod Ludwig Bittners hat er vom April bis Juli dessen Geschäfte weitergeführt. Am 7. Februar 1946 mußte er aus dem Dienst ausscheiden, vier Jahre vor der Erreichung der Altersgrenze, eine Folge der politischen Ereignisse. Er hat weiter im Archiv gearbeitet, stets freundlich und zuvorkommend Auskünfte erteilt und die Archivbibliothek mit zahlreichen Spenden bedacht. Mayrs Ordnungsarbeiten an den Beständen des Haus-, Hof- und Staatsarchivs erstrecken sich über seine ganze Dienstzeit, nur unterbrochen durch den Kriegsdienst im ersten Weltkrieg und etwas erschwert durch seine Tätigkeit an der Universität Wien und schließlich durch die Führung der Direktionsgeschäfte. Gerade in Mayrs Dienstzeit sind dem Archiv sehr viele neue Bestände zugegangen, an deren erster Ordnung er wesentlich beteiligt war. Dazu kamen die damals einsetzenden großen Inventarisierungsarbeiten. Schon als junger Anfänger wurde Mayr zu den Arbeiten am Generalkatalog unter der Direktion Árpád von Károlyis herangezogen, den Vorarbeiten zum Gesamtinventar, zu dem Hofrat Mayr wichtige Partien beisteuerte, so im ersten Band die gesamte Staatskanzlei mit dem Ministerium des Äußeren, ferner die Gesandtschaftsarchive und die außerdeutschen Staaten der Staatenabteilung, also den für die politische Geschichte wichtigsten Teil des Archivs, ferner im vierten Band die Ungarischen Akten und den Spanischen Rat, zu dem Mayr auch einen genauen Behelf verfertigte. Eine genaue Aufzählung seiner Ordnungsarbeiten bis 1936 findet sich im Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, 1. Band, S. 86 f. Bei den wissenschaftlichen Gemeinschaftsarbeiten des Archivs war Mayr stets führend beteiligt. 1913 arbeitete er an der ersten Lieferung der Reichsregisterbücher Karls V. mit, die Lothar Groß 1930 herausgegeben hat. Auch an den „Acta extera Caroli Quinti“ beteiligte er sich 1920/21, deren Druck dann in der Not der Nachkriegsjahre unterbleiben mußte. Die vorbereitenden Arbeiten zum großen Aktenwerk „Österreich- Ungarns Außenpolitik von der bosnischen Krise 1908 bis zum Kriegsausbruch 1914“ wurden unter der Leitung Mayrs ausgeführt. Seiner Mitarbeit am Gesamtinventar wurde schon gedacht. Auch für das „Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder“, dessen erster Band 1936 erschienen ist, hat Mayr beträchtliche Teile des Archivs der Staatskanzlei durchgearbeitet. Dazu kam noch im zweiten Weltkrieg die Anfertigung des dritten und vierten Bandes der „Urkunden- und Aktenstücke des Reichsarchivs Wien zur reichsgeschichtlichen Stellung des burgundischen Kreises“, von denen der dritte Band die Jahre von 1648 bis 1700 umfaßt und im Jahr 1944 erschienen ist. Der vierte Band bis 1792 ist Manuskript geblieben.