Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

RILL, Gerhard: Prosper Graf von Arco, kaiserlicher Orator beim Hl. Stuhl 1560 bis 1572

48 Gerhard Rill Wesentlich komplizierter und undurchsichtiger waren um diese Zeit die Beziehungen Arcos zu Delfino19). Der Gesandte hatte die Machenschaften des Nuntius, der in Wien eine Art zweiter Regierung darstellte20), vor dem Konklave nicht durchschaut; er vertrat auf Befehl Ferdinands I. und Maximilians II., — der Delfino keineswegs achtete, ihn jedoch als einen in seiner Art unersetzbaren Handlanger schätzte 21) —, die Interessen des Nuntius und galt deshalb als dessen Vertrauter. Dazu kam, daß Scipio von Arco an der Organisation der geheimen Agentur Delfinos in Venedig, die dem Nuntius die Ungnade der Republik einbrachte, nicht unbeteiligt war22). Als Arco am 30. August 1560 dem Kaiser Delfino als Nuntius empfahl, tat er dies mit hoffnungsfrohen Worten. Bald sollte er das erstaunliche Ausmaß der kaiserlichen Gnade gegenüber dem Angekündigten kennen lernen, da von nun an Interventionen für diesen beim Papst und bei den Kardinalen zu seinen ständigen Agenden gehörten. Zuerst sollte er dem Nuntius das Bistum Verona erwirken23), dann ging es um den Kardinals­hut, der vom Papst nur in zähem Ringen erlangt werden konnte; völlig ver­fehlt wäre es, hier persönliche Sympathien des Gesandten als Triebkräfte zu vermuten, — die zum Teil von Delfino selbst verfaßten Weisungen, be­sonders seit dem Kaisertum Maximilians, waren eindringlich genug for­muliert. Daneben hatte Arco auch für Delfinos Rechtfertigung gegenüber Venedig und gegen seine Abberufung aus Wien zu wirken, blieb jedoch in beiden Fällen erfolglos 24). Auf Delfinos Intrigenspiel zwischen Papst, Kai­ser und Florenz braucht hier nur summarisch hingewiesen werden; be­deutsam in diesem Zusammenhang ist jedoch die Erkenntnis, daß der Nun­tius den Gesandten, dem er soviel verdankte, von Anfang an nur als Schach­figur in seinen ehrgeizigen Plänen betrachtete. Wenn es ihm zweckdienlich schien, veranlaßte er sowohl die Kurie als auch die Wiener Regierung, — deren völliges Versagen hier deutlich in Erscheinung tritt —, den Gesand­ten entweder falsch oder gar nicht zu informieren25). Arco, dem schon die Wankelmütigkeit des Papstes oft unerträglich schien, erhielt jetzt von sei­ner eigenen Regierung in kürzesten Zeitabständen einander widerspre­i°) Über Delfino besonders Steinherz, Nuntiaturberichte II 1, XXXII— XLI. 20) S i c k e 1 466. 2>) Nuntiaturberichte II 1, LV; II 4, XCV ff. — Die persönliche Vertraut­heit Maximilians mit Delfino wurde durch die Instruktion für denselben gerade­zu gefördert; Maximilian sollte nämlich, früheren Praktiken entsprechend, vom Nuntius direkt und auch über seine Gemahlin beeinflußt werden. Nuntiatur­berichte II 1, 107. Vgl. Holtzmann 351 f. 22) Nuntiaturberichte II 4, XL. 23) ibid. 161 f. 24) Einzelheiten in den Nuntiaturberichten II 1, 3, 4. — Vgl. das Gutachten des Kardinals Ranuzzo Farnese vom 12. März 1565, wo Delfino in puncto mores zu den mali unter den purpurandi gezählt wird: Paul Maria Baum garten, Von den Kardinälen des sechzehnten Jahrhunderts (Krumbach 1926) 13. 25) Nuntiaturberichte II 1, 326 und oben S. 34 f.

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