Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

GOLDINGER, Walter: Das ehemalige Adelsarchiv

490 Archivberichte berichtet werden, weitere 155 könnten aus vorhandenen Faszikeln gebildet werden. Später kamen noch die Nummern 273—299 hinzu12 13). Die andere Wurzel, aus der das Adelsarchiv erwachsen ist, ist in dem seit der Jahrhundertwende, seit 1801, immer wieder vorgetragenen Ge­danken der Errichtung eines Heroldsamtes zu erkennen. Nun sind es nicht fiskalische Erwägungen, wie seinerzeit bei Schierl, die hiefür in erster Linie geltend gemacht wurden. Es ist die Verflechtung mit anderen Ge­bieten, wo solche Einrichtungen bestanden, die nunmehr entscheidend wur­de. Vor allem kommt das Vorbild der Niederlande und der Lombardei in Betracht. In den Niederlanden war aus der Wirksamkeit der sogenannten Wappen­könige ein Chambre héraldique des Pays-Bas entstanden, deren Leitung seit 1783 Charles Jean Beydaels de Zittaert innehatte. Infolge der politi­schen Umwälzungen mußte er 1794 flüchten und brachte seine Sammlungen sowie das Archiv des Ordens vom Goldenen Vließ nach Wien. Er errichtete hier in den Räumen der Niederländischen Hofkanzlei ein Büro, dessen rechtliche Stellung allerdings nicht ganz geklärt war, entfaltete aber auf jeden Fall eine umfassende Tätigkeit in seinem Fache. Es lag nahe, daß er sein Arbeitsgebiet auszuweiten trachtete, und so sind wohl auch seine Vorschläge zu verstehen, die er dem Kaiser über die Errichtung eines öster­reichischen Heroldsamtes unterbreitete. Ist auch jener Teil des Nachlasses Beydaels, der dieses Material ent­hielt 1S), seit den Verlagerungen der letzten Kriegsjahre verloren, so gibt es doch parallele Überlieferungen, unter denen sich sogar das Original der genannten Denkschrift befindet. Diese ist vom 6. Oktober 1801 datiert, schwelgt in phantastischen Gedankengängen, indem Beydaels den Ursprung seines Amtes bis auf Julius Cäsar zurückführt und die Notwendigkeit und Nützlichkeit eines Heroldsamtes für die österreichischen Erblande auch im Hinblick auf praktische Erfordernisse darzutun sucht14). Es ist kenn­zeichnend, daß seine Vorschläge, ebenso wie andere, die später erstattet wurden, keine oder doch nur eine sehr schleppende Erledigung erfuhren, letzten Endes überhaupt abgelehnt wurden. Meist dauerte es Jahre, bis überhaupt ein erster Schritt getan wurde 15). Alle diese Memoranden und die darüber eingeholten Gutachten blieben beim Kaiser liegen und kamen nur aus besonderem Anlaß wieder an die Oberfläche. Die Gründe dafür waren mannigfacher Art. Man scheute die Kosten, erwartete keine Verbesserung 12) AVA: Adelsgeneralia 1/1: 27955/1828; 1/2. Vgl. auch Jaromir Ő e la­kó v s k y, De vernaculis et extraneis registris, praecipue de his, quae ad Bohe- micam et alias Austriacas cancellarias pertinent, Prag 1890, 132 ff. 13) H. Jäger-Sunstenau, Der Wappenkönig Charles Jean Beydaels in Wien. Société Héraldique Luxembourgoise Annuaire 1950, 63—66; Gesamt­inventar d. Wiener Haus-, Hof- u. Staatsarchivs 4, 350 ff. 14) AVA: Adelsgeneralia 1/15: 35 ex Juli 1808. 15) Ebd. Erst mit Handschreiben vom 13. I. 1808 verlangte der Kaiser Be­richte und Gutachten über die Vorschläge von 1801.

Next

/
Thumbnails
Contents