Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

GOLDINGER, Walter: Das ehemalige Adelsarchiv

486 Archivberichte und gründlichere Vorbereitung genommen werden, vor allem auch um durch die Publikation eines Katalogs den wissenschaftlichen Charakter der Aus­stellung sozusagen zu dokumentieren. Daneben sollte eine solche Ausstel­lung auch propagandistisch besser vorbereitet werden und durch einen län­geren Zeitraum (etwa einen Monat) geöffnet bleiben. Bei einer längeren Vorbereitungszeit könnte auch mehr Gewicht auf Urkunden und Akten von kulturellem Interesse gelegt werden. Damit ließen sich bestimmt noch ein­drucksvollere Besucherzahlen erzielen, auch wenn man sich bei der Aus­stellung auf Archivalien beschränkt und auf Exponate anderen Charak­ters verzichtet. Nur so wird man für unsere Institute das nötige Inter­esse auch in breiteren Kreisen erwecken und wach halten, über die ständi­gen Archivalienausstellungen hinaus, die im österreichischen Archivwesen aus mannigfachen Gründen die Regel bleiben müssen20). Nebenbei kann noch kurz bemerkt werden, daß die beiden Ausstellungen auch in konkreter, archivtechnischer und archivwissenschaftlicher Hinsicht anregend wurden: so wird derzeit im Haus-, Hof- und Staatsarchiv im Hin­blick auf das besondere Format und Material der russischen Herrscher­urkunde eine neue Reihe „Slavische Urkunden“ in Spezialverpackung auf­gebaut; daneben wird eine Bestandaufnahme über die Quellen zur Ge­schichte Osteuropas im österreichischen Staatsarchiv für den Druck vor­bereitet. So waren diese beiden Ausstellungen in jeder Hinsicht von Nutzen und ein hoffnungsvoller Anfang kulturellen Austausches auf bisher vernachläs­sigten Gebieten. Die Erfahrungen, die dabei gemacht wurden, werden auch für künftige ähnliche Unternehmungen von Wert sein. Die Vergangenheit Österreichs, die in seinen Archiven ruht, und die Gegenwart als neutraler Staat bieten dazu in jeder Richtung günstige Voraussetzungen. Das ehemalige Adelsarchiv. Von Walter Goldinger (Wien). In der altösterreichisehen Archivorganisation, wie sie bis zum Ende der Donaumonarchie bestanden hat, gab es ein Institut eigener Art — das k. k. Adelsarchiv, das in gewandelter Form auch nach 1918 fortlebte und letzten Endes erst durch das Ausscheiden der dort tätigen beiden Be­amten, die im selben Jahr die Altersgrenze erreichten, sein Ende gefunden hat. Es war ein reines Behördenarchiv, jedoch von besonderer Prägung, gekennzeichnet in seinem Aufgabenbereich durch eine enge Verbindung mit der lebenden Verwaltung, der obersten Adelsbehörde, der jeweils die Verleihung von Diplomen und Privilegien zustand. An sich handelt es sich freilich um ein Herrscherrecht, aber den Apparat hatte das Amt zu 2<i) Vgl. dazu Woldemar Lippert, Archivausstellungen. Erfahrungen und Gedanken. (Archivalische Zeitschrift 37, 1928, S. 110 ff.) und für Österreich besonders: Erika Weinzierl-Fischer, Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv und Archivaiienausstellungen (MÖStA. 5, 1952, S. 346 ff.).

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