Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

NECK, Rudolf: Die österreichische Archivausstellung in Moskau (Oktober 1959) und die österreichisch-sowjetische Archivausstellung in Wien (Juli 1960)

478 Archivberichte Anfängen des Hauses Romanov in ihren Urkunden in nahezu geschlossener Reihe dem Besucher vor Augen zu führen; außerdem waren noch Urkunden der Bojaren-Duma in der Zeit der „Wirren“ sowie von Boris Godunov und Vasilij Schujskij ausgestellt und somit ein instruktiver Überblick über die slavische Herrscher-Diplomatik geboten. Viel Gewicht wurde auf die kul­turgeschichtliche Komponente gelegt mit Akten über die Entsendung von Handwerkern, Künstlern, Gelehrten usw. aus dem Reich' und den habsbur­gischen Erblanden nach Rußland, Rechnungen und Aufzeichnungen über den Konsum der beiderseitigen Gesandtschaften, Verzeichnisse der gegen­seitigen Ehrengeschenke aus verschiedenen Zeiten, diplomatische Berichte über die Kleider- und Kalenderformen Peters des Großen usw. Auch ältere und seltene Reisewerke aus der Archivbibliothek (Herberstein,' Korb, Olea­rius) und alte Flugschriften über Rußland fanden Interesse. Einige be­sonders markante Stücke betrafen den Aufenthalt des flüchtigen unglück­lichen Sohnes Peters des Großen, Alexej, in den Ländern des Kaisers. Da die Beziehungen Österreichs zu Rußland bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts vorwiegend freundschaftlicher Natur waren, konnte leicht dem Wunsche der sowjetischen Seite entgegengekommen werden, auf dem politischen Sektor vor allem „Dokumente der Freundschaft“ auszu­stellen. Hier hat neben dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv besonders das Kriegsarchiv viele Stücke aus den nicht gerade seltenen Epochen österrei­chisch-russischer Waffenbrüderschaft beigestellt, wobei man auf sowjeti­scher Seite sehr bemüht war, jede Spitze gegen dritte Staaten tunlichst zu vermeiden. An der Ausstellung beteiligten sich im übrigen alle Abtei­lungen des österreichischen Staatsarchivs, d. h. außer den genannten noch das Hofkammerarchiv mit Akten über die älteren wirtschaftlichen Bezie­hungen beider Reiche (dabei interessante Einzelheiten über die Wahrung russischer Interessen durch österreichische Konsuln unter Josef II.), das Allgemeine Verwaltungsarchiv hauptsächlich mit neueren Markenschutz­verträgen, Rechtshilfeabkommen u. dgl. und das Verkehrsarchiv, das u. a. interessante Akten über die erste direkte Eisenbahnverbindung Wien—Pe­tersburg von 1865 mit den ersten Fahrplänen zur Verfügung stellte. So war man sich bald über eine gewisse Auswahl einig. Als Termin wurde noch im Frühjahr der Herbst 1959 ins Auge gefaßt, für den ein längerer Staatsbesuch des österreichischen Bundespräsidenten Dr. Schärf in der Sowjetunion geplant war. Dies schien auch der österreichischen Bot­schaft in Moskau ein würdiger Anlaß für eine Archivalienausstellung in dem geplanten Ausmaß. Noch im Frühsommer wurde ein beträchtlicher Posten von Archivalien im Kurierweg nach Moskau zur Vorbereitung der Ausstellung übersendet. Inzwischen wurde aber an der thematischen Ausgestaltung der Ausstellung weitergearbeitet, wobei in Wien die Kultur-Abteilung des Bundesministe­riums für Auswärtige Angelegenheiten (Gesandter Dr. Braunias) und die Rußland von dem Jahre 1514. (Sitzungsbericht der Wiener Akademie der Wis­senschaften, phil.-hist. Kl. 43, 1863, S. 183 ff.) Die erste Ausfertigung der Ur­kunde Maximilians, die später für den Streit um den russischen Imperatorentitel besonders am Beginn des 18. Jahrhunderts wichtig wurde, befindet sich in der Ausstellung des sowjetischen Staatsarchivs in Moskau.

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