Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

VESELINOVIC, Rajko L.: Die „Albaner“ und „Klimenten“ in den österreichischen Quellen zu Ende des 17. Jahrhunderts. Historisch-geographische und ethnographische Abhandlung

208 Rajkó L. Veselinovic sehen Problems herangezogen* 37 38). Die Karte ist die Kombination eines Croquis und einer Panorama-Aufnahme, mit eingezeichneten Gebirgen in Gestalt von Hamsterhügeln, vom Westen und Nordwesten beschattet. Aus der betreffenden Legende ist ersichtlich, daß sie von Graf Marsigli ange­legt wurde, der sie dem Kaiser Leopold Ende Mai 1690 übergab. Die Karte war erforderlich für die Verhandlungen mit der Türkei, zu denen den Kai­ser Großbritannien und Holland als Mitglieder der Großen Allianz bewogen hatten. Nach Marsiglis Mitteilungen hatte der Kaiser mit diesen Verhand­lungen Kinsky und Stratmann betraut, die jedoch ihrerseits von Marsigli (den anfangs 1690 General Veterani aus Nis in Fragen der Verteidigung dieser Stadt nach Wien geschickt hatte) verlangten, ihnen hiefür Vor­schläge und Landkarten vorzubereiten. Da die Aufzeichnungen Marsiglis in Kroatien verblieben, begab er sich mit kaiserlicher Zustimmung von Wien nach Kroatien, wo er unter anderen auch diese Landkarte entwarf, wobei er darauf die Grenze der Türkei mit roter Linie zog37). Es ist übrigens bekannt, daß Kaiser Leopold in dieser Hinsicht auf Graf Marsigli großes Vertrauen setzte u. zw. wegen dessen umfassenden Wissens, Diensteifers und Sachlichkeit38). Und dennoch fällt es beim ersten Blick auf die Karte (Bild 1) auf, daß die geographisch-ethnischen und politischen Verhältnisse nicht treu dargestellt sind. Wenn wir die Ergebnisse unserer Analyse jenes Teils in Marsiglis Memorial über Albanien, der sich auf die „Albaner“ und die „Klimenten schismatischen Ritus“ mit der Stammesausdehnung der Kli- menten auf dieser Karte vergleichen (sie wurde dem Kaiser in Wien zwei Monate nach jenem Memorial überreicht), dann müssen wir folgern, daß eine offenkundige gegenseitige Abhängigkeit unter den beiden Quellen besteht, deren Autor Graf Marsigli war. Marsigli unterscheidet drei Albanien: Türkisch-Albanien (Albania turca), ein freies Albanien (Albania libera) und ein veneziani­sches Albanien (Albania veneta). Türkisch-Albanien umfaßt nach Marsigli mit seinen Grenzen die Gegenden von Rozaje-Bijelo, Polje-Kolasin und Montenegro bis zum Golf von Cattaro, noch 1420 unter dem Namen Venezianisches Albanien geläufig (Albania veneta). Im Gebiete von Tür­kisch-Albanien Marsiglis lagen auch die Klimenten. Sie erstrecken sich nach Marsigli nahe bei Pristina am Amselfeld über Ipek und Plav bis nach 38) Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien: Turcica I, Karton 157, folio 116 ex 1690. 37) Ebendort. Die Legende lautet: „Landkarte, welche der Graff Marsigli nach dem auf den Croatischen Gränizen Eingenombenen Augenschein über den Ganzen District, wo die Gräniz-Lini gegen Türkey gemacht werden khönte, verfasset und Ihrer Kayserlichen Mayes tat übergeben ad finem May 1690“. — Vergleiche: E. Lovarini, Autobiografia di L. F. Marsili. Bologna 1930, 123. 38) Dr. B. I v á n y i, L. F. Marsili prima esploratore della Grande Pianura Ungherese. Festschrift Celebrazione di L. F. Marsigli. Bologna 1931, 207.

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