Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

Konstantin Reitz 355 dauerte, auf diesen Vorschlag nicht eingehen zu können, da, wie er wisse, meine Börse täglich von groß und klein, hoch und nieder in Anspruch genommen werde und da ich mich nur mit dem allernötigsten Reisegeld versehen hätte, wiederholte jedoch mein Versprechen, von Khartum aus die gewünschten Pistolen senden zu wollen. Diese freche Bettelei fing schon an, mich anzuekeln, aber Se. Hoheit setzte dieselbe unermüdlich fort, indem er, vor der Hand auf die Pistolen verzichtend, meine rote halbseidene Kofie (Mütze), die auf der Reise meinen Kopf etwas vor den Sonnenstrah­len schützt, sich als Kopfschmuck erbat. Meine Geduld war zu Ende. Der Bote mochte das merken, denn er machte sich gerade noch zur rechten Zeit auf den Rückweg.“ Ehe Reitz weiterreiste, hatte er noch einige interessante Erlebnisse, über die er ausführlich berichtet84). Da sich Ras Ali, in ständige Kriegs­wirren mit Kasa verwickelt, weit nach Süden zurückgezogen hatte, hiel­ten es die Reisenden wohl für angezeigt, auf ein Zusammentreffen mit ihm wenigstens vorläufig zu verzichten und sich dem Norden zuzuwenden, wo Ubie gebot. Ihr Weg sollte sie nach Semien, der höchsten Gebirgslandschaft Abessiniens, führen. Darum wollte man auf den für Menschen und Tiere äußerst beschwerlichen Wegen möglichst wenig Gepäck mitnehmen. So wurde beschlossen, einen Teil davon in Gondar zu lassen. Hier aber mußte vor allem ein möglichst feuersicherer Aufbewahrungsort ausfindig gemacht werden. Denn „die Feuersbrünste“, schreibt Reitz, „meist durch boshaftes Anlegen veranlaßt und durch den Mangel irgend einer Autorität und die Anwesenheit vieler im Asyl lebenden Freibeuter und entlaufenen Verbre­cher begünstigt, waren in Gondar während meines 16tägigen Aufenthaltes daselbst sehr häufig. In einem Zeitraum von 10 Tagen hatten drei bedeu­tende ganz iri meiner Nähe stattgefunden, die uns nachts aus dem außer­dem durch Ungeziefer aller Art gestörten Schlafe weckten, indem sie, ihre Funken bis vor unsere Tür sprühend, unser Strohdach hart bedrohten und uns mit unseren Effekten in so bedenkliche Gefahr setzten, daß wir ein­packen und unsere Tiere die halbe Nacht hindurch unter Sattel halten mußten.“ Unter diesen Umständen beschloß Reitz, das Anerbieten der beiden apostolischen Missionare Biancheri und Giusto anzunehmen, von denen er schon in Kanara Briefe erhalten hatte (S. 347). Sie waren allerdings ver­reist, hatten aber von Bitschaena aus, wo sie sich aufhielten, den Rei­senden ihr Haus zur Verfügung gestellt, das mehr Sicherheit gegen Feuer zu bieten schien als die andern, strohgedeckten Häuser der Stadt. Allein es sollte anders kommen. Reitz berichtet: „Biancheris Leute, zwei Abessinier, die ... für die katholische Kirche gewonnen waren und nun als Mönche auf Kosten der Mission seit vielen Jahren ein ebenso sorgenfreies als für das Gedeihen der Mission unersprießliches Leben führten, schlugen trotz 84) In dem in Anm. 62 erwähnten Bericht. 23*

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