Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

308 Friedrich Roeraheld dem Generalkonsulat dadurch, daß er sich schon vor Beginn seiner For­schungsreise in der Öffentlichkeit über seine verstiegenen, uferlosen Pläne geäußert hatte, manche Unannehmlichkeiten bereitet hatte. Auch hatte er sich auf seiner ersten Reise wegen seiner Selbstsucht und seines wenig gewissenhaften Wesens einen schlechten Ruf gemacht und sich Mißhand­lungen und selbst Verwundungen ottomanischer Untertanen zuschulden kommen lassen. „Nach allem, was ich von Müller gehört habe“, schreibt Huber in einem Bericht an den Minister des Äußeren Fürsten von Schwar­zenberg am 26. Dezember 1850 aus Kairo, „glaube ich zweifeln zu müssen, daß er von der humanen Idee seines neuen Berufes durchdrungen sei, viel­mehr ist anzunehmen, daß er nach dem Konsulatsposten in Khartum ge­trachtet habe, um seiner grenzenlosen Eitelkeit zu frönen und einer plan­losen Großmannssucht nachzujagen, wozu ihm seine neue Stellung als k. k. Konsul die Basis abgeben sollte, wobei er aber weder den von ihm zu vertretenden Interessen noch der Würde seines Amtes selbst Rechnung tragen würde.“ Außerdem verstehe er nicht zu wirtschaften, habe auch Schulden gemacht, die er nicht bezahlen könne, und so alles Vertrauen in Ägypten verloren. „Höchst leichtsinnig“, so fährt der Bericht fort, „ja sogar gewissenlos ist die Art und Weise, mit welcher Freiherr von Müller unter illusorischen Versprechungen mehrere Personen für seine Expedition nach dem Sennar engagiert hat. In Khartum befinden sich seit Juni dieses Jahres zwei von ihm entsendete deutsche Naturforscher, Dr. Vierthaler und Alfred Brehm, samt Dienern, welche in der verlassensten Lage und von allen Geldmitteln entblößt sind, da von Müller seit Monaten sie ohne alle Unterstützung gelassen hat.“ Aber Huber begnügte sich nicht damit, vor Müller zu warnen. Durch Müllers Zaudern war schon zu viel kostbare Zeit verlorengegangen, und weitere Verhandlungen mit Wien konnten die so dringend nötige schleunige Regelung der Angelegenheit auch nur immer noch weiter hinauszögern. Darum handelte er jetzt auf eigene Faust. Er war überzeugt, daß für die Stelle in Khartum niemand anders in Frage kommen könne als Konstantin Reitz. Er stellte ihn deshalb dem Vizekönig von Ägypten als Verweser des Konsulates in Khartum vor und meldete nach Wien, daß Reitz, „für dessen Ehrenhaftigkeit, Geschäftskenntnis und Befähigung“ er sich verbürge und der „die Aufgaben eines k. k. Konsuls in Khartum mit mehr Würde, mit besserem Erfolg und zur größeren Zu­friedenheit der österreichischen Regierung lösen würde, als dies Freiherr von Müller je imstande sein werde“, in wenig Tagen die Reise nach dem Sudan antreten werde. Schließlich bat dann Baron von Müller, dem es mit seiner Ausreise schon lange nicht mehr ernst war, selbst um seine Ent­lassung aus österreichischen Diensten, und Reitz wurde am 4. Januar 1851 zum Konsularagenten mit einem Jahresgehalt von 1500 Gulden, einem jähr­lichen Kanzleipauschale von 1000 Gulden und den tarifmäßigen Konsular­gebühren ernannt.

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