Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika
Konstantin Reitz 305 Einmal gaben Reitz und Brehm dem deutschen Reisenden und Afrika- forscher Eduard Rüppell24), der mit einem jungen Kaufmann nach Kairo fahren wollte, ein Stück Weges das Geleit. Am 28. Juli 1849 fuhr die kleine Gesellschaft abends in Alexandria ab „und erreichte den Nilarm von Reschied nach einer zweiundzwanzigstündigen Fahrt. In Adfeh bestiegen die Reisenden eine bequeme, segelfertige Dahabie (Barke) und stießen bald darauf mit Gewehrsalven vom Lande. Die schwarz-rot-goldene deutsche Flagge wehte am Flaggenstocke des Schiffes; es war das erstemal, daß Deutschlands Farben den heiligen Nil begrüßten. Es war um die Zeit, in welcher man im Vaterlande einen deutschen Erbkaiser bald erwählt zu sehen hoffte“ (II, 237). Am nächsten Tage gingen Reitz und Brehm, ehe sie nach Alexandria zurückfuhren, auf die Jagd. Als sie dann ihre Barke besteigen wollten, geriet ihr Diener mit dem Barkenführer in einen Streit, aus dem in kurzer Zeit eine förmliche Prügelei entstand. Da sich allerlei umherlungerndes Gesindel beeiferte, daran teilzunehmen, so sahen sich die Freunde bald einer großen Übermacht gegenüber, und nur mit Mühe gelang es ihnen, ihre Zuflucht zu der türkischen Polizei zu nehmen, deren Vorsteher den Fall mit echt orientalischer Ruhe und Würde untersuchte und den schuldig befundenen Barkenführer bestrafte. — Alfred Brehm scheint damals nur eine einzige Aufgabe in Ägypten gehabt zu haben — eine Aufgabe, die einem reise- und entdeckungsfrohen jungen Forscher gewiß nicht leicht fallen konnte: er hatte zu warten! Er wartete auf den Baron von Müller, der ihm immer wieder brieflich versicherte, seine Abreise nach Afrika stehe unmittelbar bevor. Müller posaunte weit ausgreifende Reisepläne in die wissenschaftliche Welt hinaus, aber er kam nicht! Schließlich beauftragte er seinen Gefährten wenigstens mit der Vorbereitung des Unternehmens und stellte ihm die baldige Ankunft tüchtiger Reisegenossen in Aussicht. Und wirklich erschienen diese am 24. November 1849 — es waren Brehms Bruder Oskar und Konstantins Studienfreund Dr. med. Richard Vierthaler25) aus Köthen — aber 2->) Eduard Rüppell, geb. am 20. November 1794 in Frankfurt a. M., besuchte das Gymnasium in Darmstadt, wurde zunächst Kaufmann, ging dann nach Italien und 1817 nach Ägypten, wo er bis zum ersten Wasserfall des Nils reiste. 1818 bis 21 widmete er sich in Genua und Pavia astronomischen und naturwissenschaftlichen Studien, bereiste 1822 bis 28 Ägypten, Nubien, Kordo- fan und Arabien und 1831 bis 34 Abessinien. Seine Sammlungen schenkte er dem Senckenbergischen Museum und der Stadtbibliothek in Frankfurt. Hier starb er am 10. Dezember 1884. 25) Richard Vierthaler, Ende 1821 in Köthen als Sohn des Regierungsrats Albert Vierthaler geboren, wurde am 29. Mai 1842 in der Medizinischen Fakultät in Gießen eingeschrieben. Er war im Korps Rhenania und 1845 im Korps Saxo-Borussia in Heidelberg aktiv. Aus der Gießener Zeit stammte seine Freundschaft mit Reitz. Er promovierte 1847 in Würzburg. Zuletzt war er Militär-Chefarzt und Leibarzt des Generalgouverneurs in Khartum und erlag hier am 26. August 1852 dem Fieber; vgl. Weidmann, a. a. O. und Mitteilungen der Universitätsbibliothek Gießen. Mitteilungen, Band 12 20