Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

HEYDENDORFF, Walther Ernst: Vorderösterreich im Dreißigjährigen Kriege. Der Verlust der Vorlande am Rhein und die Versuche zu ihrer Rückgewinnung. 1617–1639

130 Walther Ernst Heydendorff Die alsbald eingeleiteten Verhandlungen mit Herzog Bernhard führten am 17. Dezember zum Akkord. Die Beste der Garnison, nur zum Teile marschfähig, zogen am 19. aus der Festung und wurden zu Schiff nach Straßburg gebracht, in ihrem Gefolge die vorderösterreichische Regierung und Kammer, die ihre Archive zu hinterlassen hatten 118). Mit der Kapitulation von Breisach war das siebenjährige Ringen um den Besitz der Vorlande am Rhein vorerst zu ungunsten von Kaiser und Reich entschieden. Schicksalhafte Wendungen im Leben der Völker und Staaten pflegen zuweilen, wie die Geschichte aufzeigt, von an sich unansehnlichen Ereig­nissen ihren Ausgang zu nehmen. Hier hat das zweite Treffen von Rhein- felden, in dem auf beiden Seiten zusammen kaum 8000 Streiter fochten, die Entscheidung im langjährigen Kampf am Oberrhein gebracht; alle im Laufe des Jahre 1638 aufgewandten Anstrengungen, das Schicksal zu wen­den, blieben erfolglos. Das hartnäckige Bemühen des Kaisers Ferdinand III. und seiner Ver­bündeten, immer wieder den Entsatz von Breisach, von Nord, Süd, Ost und West her, zu versuchen, ist keineswegs allein aus dem Bestreben zu er­klären, den alten Hausbesitz zu retten oder das Reich zu decken. Welche wichtige Rolle die Vorlande in der gemeinsamen Kriegführung des Kaisers und Spaniens spielten, wurde bereits dargelegt. Dieses verlorene Bindeglied zwischen Italien, Deutschland und den Niederlanden zurückzugewinnen, mußte auch weiterhin eines der wichtigsten Ziele der gemeinsamen Stra­tegie bilden. Die Bevölkerung der österreichischen Vorlande am Rhein in Kriegs- und B esatzungsnöten. Ende 1638 war der Weimarer im unangefochtenen Besitz des Elsaß, des Breisgaus und der Waldstädte — im Namen Frankreichs, dem alsbald diese Gebiete — auf Kriegsdauer zur Gänze — zufallen sollten. Die schweren Kämpfe der Jahre 1632 bis 1639 brachten diesen einst blühenden Landen Verheerungen, die sie unter jene Gebiete des Reiches einreihen, die durch die Schrecken des Großen Krieges am meisten zu leiden hatten. Schon 1636 glichen Oberelsaß und Sundgau einer Wüste; in der Grafschaft Pfirt war nur jeder Dreißigste auf seiner Scholle verblie­ben119). Die sich immer erneuernden Kämpfe, der Bauernaufstand des Jah­res 1633, die Seuche dieses wie des folgenden Jahres, die unaufhörlichen, von Plünderungen und Gewalttaten begleiteten Durchmärsche schwedischer, deutsch-protestantischer, französischer, kaiserlicher, kurbayrischer, loth­ringischer und spanischer Truppen haben diese Verwüstungen herbei­geführt. Es erscheint sohin ratsam, mit der Schilderung der politischen und 118) Über das Zustandekommen und den Wortlaut des Akkordes: Wetz er, a. a. 0., III., 131 f. 119) Ellerbach, a. a. O., III., 239.

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