Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

CORETH, Anna: Das Schicksal des k. k. Kabinettsarchivs seit 1945

604 Literaturberichte Seiten der Stadt- und sonstiger regionaler Archive angemeldet, da der Schwerpunkt der dort betriebenen Forschung gerade auf personen­geschichtliche und topographische Details gerichtet ist, zu denen die Quel­len bei allzu generellen Kassationen zum Großteil verlorengehen würden. Es wird ferner auf die Notwendigkeit der Erfassung von Nachlässen, Par­teikorrespondenzen und ähnlicher nichtstaatlicher Materialien hingewiesen, da bei der heutigen Struktur des politischen Lebens wesentliche Verhand­lungen und Entscheidungen in den Akten der Behörden keinen Nieder­schlag finden. Zu wenig beachtet erscheint die Schwere der Verantwortung, die der Archivar durch die generelle Kassation von Quellengruppen für die Gestaltungsmöglichkeiten einer künftigen Geschichtsschreibung auf sich nimmt. — Fritz Zimmermann („Wesen und Ermittlung des Archiv­wertes. Zur Theorie einer archivalischen Wertlehre“, S. 103—122) ver­sucht im Gegensatz zu formalen Kassationsprinzipien positive Kriterien für die Feststellung der Archivwürdigkeit von Schriftstücken zu ermitteln, wobei er äußeren (Materialwert, Kunstwert, Seltenheitswert, Antiquitäts­wert) und inneren (geistiger Gehalt) Archivwert unterscheidet. Er hebt gegenüber dem „generellen“ den „graduellen“ Archivwert als für die Praxis besonders wichtig hervor. Hinsichtlich des inneren Archivwertes ist m. E. die Ermittlung auf Grund der Häufigkeit der Benützung ein problematischer Weg, da hier zahlreiche inkompatible Faktoren — erheb­liche Unterschiede im „geistigen Gewicht“ der Benützer, Bevorzugung technisch leichter zu bearbeitender oder gerade aktueller Themen (leichtere Lesbarkeit, bessere Aufschlüsselung durch Repertorien, günstigere Lage des Archivs zum jeweiligen Interessentenkreis) — oder reine Zufällig­keiten allzusehr mitspielen. — Georg Winter („T. R. Schellenberg, Modern Archives — Principles and Techniques. System und Technik bei neuzeitlichen Archiven“, S. 123—138) bringt eine Zusammenfassung des Inhalts des 1956 erschienenen Handbuches des bekannten amerikanischen Fachmannes, wobei die bahnbrechenden Maßnahmen zur Bewältigung des für das Nationalarchiv der Vereinigten Staaten von Amerika besonders aktuellen Massenproblems und die Parallelen bzw. Verschiedenheiten im Vergleich zu den Verhältnissen in der Deutschen Bundesrepublik an­geführt werden. Archivbauten: Der Aufsatz von Marcel Baudot, „Die Ent­wicklung des Archivbaus in Frankreich“, S. 139—146, gibt unter Bei­fügung von Bildtafeln einen Überblick über die bei den namentlich infolge der Kriegszerstörungen notwendig gewordenen Neubauten angewandten Methoden. Charakteristisch ist die Depotkonstruktion mit tragenden Stahl­pfeilern, besondere Maßnahmen für Feuerschutz, thermische Isolation und Schutz gegen Einwirkung des Sonnenlichts; von den Versuchen zur besse­ren Raumausnützung ist das im Nationalarchiv schon praktisch verwendete System „Compact Straf or “, das einen Gewinn von 50% ermöglicht, ohne die Zugänglichkeit zu den Archivalien wesentlich zu behindern, besonders zu erwähnen. — Günther W r e d e („Das neue Verwaltungsgebäude des Niedersächsischen Staatsarchivs in Osnabrück“, S. 147—153, mit Bild­tafeln) beschreibt den genannten, 1955 fertiggestellten Neubau.

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