Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

CORETH, Anna: Das Schicksal des k. k. Kabinettsarchivs seit 1945

594 Literaturberichte terrae“ gedeutet wird: eines Herrschaftsbereiches, der sich über die Gren­zen der Mark hinaus erstreckt und den die Babenberger mehr und mehr in langsamer Bemühung und bei sorgfältiger Wahrung des Friedens aus­zugestalten verstanden hatten. So „kam der herzogliche Titel zu etwas hin­zu, das sich schon lange vorbereitet hatte“. Für die Art, in welcher dies geschah, etwa durch Ehebündnisse mit den lokalen Adelsgeschlechtern, durch mehr oder weniger berechtigte Erbeinziehungen und durch Ausein­andersetzungen mit den bayrischen Bistümern, werden Beispiele gebracht. Hiebei tritt die bemerkenswerte Quellenkenntnis des Herausgebers des Urkundenbuches der Babenberger hervor. Die wechselvolle Geschichte der Beziehungen zum Stammherzogtum Bayern wie zum Reich wird in den nächsten Abschnitten konzentriert und in großen Zügen, doch von neuen Blickpunkten aus, dargelegt, bis zur unmittelbaren Vorgeschichte der Ereignisse des September 1156. In diesem Zusammenhang kann der Autor einige Details neu beleuchten, so die Tat­sache, daß Heinrich Jasomirgott, der abzusetzende Herzog von Bayern, an sehr entfernte Tagungsorte vorgeladen worden ist, offenbar um aus seinem Nichterscheinen eine Schuld zu konstruieren, die ein Vorgehen gegen ihn rechtfertigen sollte (S. 31). F. greift bezüglich der zwischen Kaiser und Herzog Heinrich geführten Verhandlungen einen nicht beachteten Hinweis Heinz Zatscheks auf und führt ihn weiter. Diesem zufolge wird eine Par­allele zu den vom Kaiser mit Böhmen geführten Verhandlungen vermutet. Da wie dort scheint von Barbarossa für die Zugeständnisse eine Waffen­hilfe verlangt worden zu sein (S. 33). F. weist weiters darauf hin, daß nicht erst auf die Nachricht von der Niederlage des Byzantiners in Süd­italien hin dessen Verwandter, der Babenberger, nachgegeben habe, wie die neuere Literatur angenommen hat (S. 34). Im letzten Kapitel beschäftigt sich der Autor mit der Urkunde selbst. In einer früheren Untersuchung hatte er schon den von Wilhelm Erben angenommenen Diktator angezweifelt und diese Frage muß auch weiterhin offen bleiben. Ebenso steht die Verwendung von Vorakten in Zweifel. Der Wechsel zwischen der „objektiven“ und der „subjektiven“ Form innerhalb dieser Urkunde, der ja die Ursache des Verdachtes späterer Einschübe war, ließe auf Vorakten schließen. Der Autor weist jedoch gegenüber Voltelini darauf hin, daß es sich nicht um die schriftliche Niederlegung des gesamten Fürstenspruches vom 8. September handle, sondern daß die Urkunde weit mehr als dieser enthalte. Er macht erstmalig darauf auf­merksam, daß mit den Worten „perpetuali lege sanctientes“ in der Mitte der Urkunde etwas Neues beginne, wozu der Kaiser nicht mehr den Fürstenspruch brauchte, sondern aus eigener Machtvollkommenheit ver­fügte, was nicht ausschließe, daß es sich um die Beurkundung von vertrag­lich festgelegten Punkten handelte. Demzufolge bezieht sich also der Fürstenspruch vom Mariae-Geburt-Fest 1156 nur auf die Verwandlung — nicht Erhebung — Österreichs zu einem Herzogtum und auf die Doppel­belehnung des Herzogspaares. F. stellt aber zu alledem fest, daß auch das Privileg „nur einen Teilausschnitt dessen, was der Festlegung bedurfte“, und worüber Verhandlungen gepflogen worden waren, biete.

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