Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)
WEINZIERL-FISCHER, Erika: Der Ministerrat und die kaiserlichen Verordnungen vom 18. und 23. April 1850
Der Ministerrat und die kaiserlichen Verordnungen vom 18. u. 23. April 1850 471 einbarungen ergeben, für die man von Fall zu Fall die kaiserliche Genehmigung einzuholen hätte23). Nach den Ausführungen des offensichtlich den Bitten der Bischöfe geneigten Ministers für Kultus und Unterricht oblag es nun den anderen Mitgliedern des Ministerrates, dazu Stellung zu nehmen. Diesem gehörten damals außer dem Ministerpräsidenten Schwarzenberg24) und Graf Thun25 26) noch Philipp Freiherr von Krauß 28) als Finanzminister, Dr. Alexander Bach 27) als Innenminister, Feldzeugmeister Franz Graf Gyulay von Maros- Németh und Nádoska28) als Kriegsminister, Anton Ritter von Schmerling29) als Justizminister, Karl Ludwig Freiherr von Bruck30) als Handelsminister, Ferdinand Freiherr von Thinnfeld31) als Minister der Landeskultur und Franz Freiherr von Kulmer 32) als Minister ohne Portefeuille an. Neben dem Ministerpräsidenten waren Bruck, Thun, Bach, Schmerling und Krauß die bedeutendsten Persönlichkeiten, doch hatte Schwarzenberg die Berufung aller Minister auf Grund ihrer Verdienste um Krone und Reich vornehmlich in den kritischen Jahren 1848/49 in sein „Kabinett der starken Hand“ erwirkt. Sie alle — einschließlich des ursprünglich aus dem liberalen Lager kommenden Bach, der mit seinen 37 Jahren das jüngste Kabinettsmitglied war —, leisteten Schwarzenberg bei dessen Bemühungen, einen starken habsburgischen Einheitsstaat zu errichten, zu diesem Zeitpunkt noch willig Gefolgschaft. Innerhalb der nächsten zwei Jahre schieden dann Schmerling, Krauß und auch Bruck 33) aus dem Kabinett Schwarzenberg in erster Linie deswegen aus, weil sie dessen Plan, die Verfassung zu beseitigen, nicht zustimmten. Thun billigte zwar nicht den neuen Kurs34), blieb aber im Amt, um für seine beiden großen Ziele, Konkordat und Unterrichtsreform, Weiterarbeiten zu können. Bach schloß sich dagegen immer stärker an Schwarzenberg an und stellte sich auch nach dem jähen Tod seines Gönners vorbehaltlos in den Dienst des neoabsolutistischen Regimes. Thinnfeld, Gyulay und Kulmer verkörperten wieder mehr den Typ des noch vom Josephinismus geprägten Staatsdieners, der — zwar nicht überragend begabt — in der getreuen Erfüllung seiner 23) Ebendort und Hussarek, a. a. 0., S. 510, Anm. 125. 24) 1800—1852. Vgl. Rudolf Kiszling, Fürst Felix zu Schwarzenberg, der politische Lehrmeister Franz Josephs, Graz-Köln 1952. 26) 1811—1888. Vgl. oben S. 469, Anm. 15. 20) 1792—1861. ADB. 17, S. 85—88. 27) 1813—1893. ADB. 46, S. 158 ff., Hans Loew, Alexander Freiherr von Bach, ungedr. phil. Diss., Wien 1947, NDB. 1, S. 489 f. 28) 1798—1868. ADB. 10, S. 250—252. 29) 1805—1893. ADB. 54, S. 56—72. 30) 1798—1860. ADB. 3, S. 376—388. Neue österreichische Biographie 9, S. 39—50, NDB. 2, S. 642. 31) 1793—1868. Wurzbach, a. a. O. 44, S. 234—238. 32) 1806—1853. Ebendort 13, S. 361. 33) Friedrich Walter in: Neue Österreichische Biographie 9, S. 44. 34) Friedjung, a. a. O., S. 481 f.