Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

KÜHNEL, Harry: Die Leibärzte der Habsburger bis zum Tode Kaiser Friedrichs III.

Die Leibärzte der Habsburger bis zum Tode Kaiser Friedrichs III. 25 Wolfs nahm Friedrich III. den Bürger zu Graz, Jorg Barbierer, ob seiner Berühmtheit und Ehrbarkeit zu seinem Wundarzt auf101). Um jene Zeit weilte am Hofe zu Graz auch der Leibarzt Johann Hess, Doktor der freien Künste und der Medizin. Der Kaiser ehrte ihn 1473 durch die Ernennung zum lateranensischen Pfalzgrafen, wodurch ihm das Recht zuerkannt wurde, allen ihm würdig erscheinenden Per­sonen das Notariat zu verleihen und uneheliche Kinder zu legalisie­ren. Hess wurde 1494 von Maximilian I. als Arzt aufgenommen 102). Der alternde Monarch, der seit 1489 ständig in Linz lebte, desig­nierte im Jahre 1490 Johann von Linden zum Leibarzt und Astronom. Er war möglicherweise ein Nachkomme des Mert von der Linden aus Linz und genoß mit seiner Gattin Sophia wie alle Leibärzte besonderen kaiserlichen Schutz103). Wenzel Brack, der „ettlich zeit lang“ am kaiserlichen Hofe in Linz als Leibarzt anwesend war, bekam kurz vor dem Tode Friedrichs III. das Privileg, mit seiner Familie sich in Konstanz oder einer anderen Reichs­stadt anzusiedeln und seine Heilkunst praktisch anzuwenden104). Er verfaßte ein „Vocabularium Archonium nuncupatum“, welches bei Johann Schoensperger in Augsburg 1495 gedruckt wurde; die Stifts­bibliothek Klosterneuburg verwahrt eine dieser Inkunabel105). Eine „Grammatica“ hat ebenfalls Wenzel Brack zum Autor, der nach Angabe von Hain „arcis (!) professor et examinator in Constancia“ gewesen sein soll106). Brack starb 1495 in Salzburg und wurde in St. Peter bestattet. Die Beinamputation an Kaiser Friedrich III. In nur wenigen Fällen wird die Überlieferung einer Operation im Mittelalter als so ideal angesprochen werden können wie bei der Bein­amputation an dem hochbetagten Kaiser in Linz im Jahre 1493. Wir besitzen einen schriftlichen Niederschlag der Vorgänge durch einen der operierenden Wundärzte und eine bildliche Darstellung, die offenbar über Anregung dieses Wundarztes geschaffen wurde. Karl Sudhoff fand in der württembergischen Landesbibliothek zu Stuttgart einen Codex (Cod. med. et phys. Fol. 8) aus dem letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhun­derts. Nach den Aufzeichnungen auf der Innenseite des rückwärtigen 101) HHSTA Hs. B 528 (Innerösterreichisches Kopialbuch), fol. 47r. 102) HHSTA Reichsregister S, fol. 115''. Chmel, Regesta chronologico- diplomatica Friderici IV., S. 647, n. 6675. HKA. Gedenkbuch 3 a, pag. 325. 103) HHSTA Reichsregister V, fol. 29r. Chmel, Regesta chronologico-diplo- matica Friderici IV., S. 773, n. 8526. Schmidt, Linzer Kunstchronik, 2. Teil, S. 13. 104) HHSTA Reichsregister W, fol. 57v. Chmel, Regesta chronologico-diplo- matica Friderici IV., S. 801, n. 8956. 105) V. O. Ludwig, Die Klosterneuburger Inkunabeln (Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg VIII/2, Wien 1920), S. 45. Ludwig Hain, Repertorium biblio- graphicum, Pars 1 (Stuttgart 1826), n. 3697, 3700, 3702, 3703. loe) Hain, Repertorium bibliographicum, Pars 2, n. 3711.

Next

/
Thumbnails
Contents