Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

KÜHNEL, Harry: Die Leibärzte der Habsburger bis zum Tode Kaiser Friedrichs III.

14 Harry Kühnei Galeazzo de Santa Sofia war einer jener Ärzte, die 1399 den Beschluß faßten, die acta facultatis medicae ins Leben zu rufen. 1401 stand er der medizinischen Fakultät als Dekan vor. Galeazzo hatte nicht nur für das Wohlergehen Herzog Albrechts IV. zu sorgen, er scheint auch hohe Beamte wie den Kanzler Friedrich von Gars zu seinen Patienten gezählt zu haben. Dem Paduaner war es zu danken, daß im Jahre 1404 acht Tage hindurch im städtischen Hospital die ersten anatomischen Demonstra­tionen an Leichen stattfanden. Sein bahnbrechender Schritt führte aber erst nach drei Dezennien dazu, die Anatomie als obligate Disziplin in den Lehrplan der medizinischen Fakultät aufzunehmen. Das im Jahre 1408 angefertigte Fakultätssiegel mit dem Bildnis des hl. Lukas wurde übrigens mit jenem Geld bezahlt, welches Galeazzo bei der Vorführung des Sezierens eingehoben hatte. Er kehrte nach dem Oktober des Jahres 1405 nach Padua zurück und starb dort 1427 an der Pest, die auch seine Frau und drei seiner Söhne dahinraffte57 58). Galeazzo de Santa Sofia verfaßte eine Anzahl medizinischer Schrif­ten, wovon ein Teil in der Handschriftensammlung der Nationalbiblio­thek in Wien aufbewahrt ist. Seine „dicta et collecta de medicinis sim- plicibus“ mußten von den Kandidaten der Medizin im 15. Jahrhundert studiert werden 5S). Zwei Traktate existieren von ihm über die verschie­denen Arten des Fiebers 59), eine Schrift behandelt die Pest60), auch ein „Vocubularium simplicium in medicina“ wird ihm zugeschrieben61). Im Kodex 125 der Stiftsbibliothek Klosterneuburg, einer Sammelhandschrift aus dem 15. Jahrhundert, sind Auszüge aus medizinischen Werken Galeazzos enthalten62 * *). Nicht unerwähnt darf ein Freskogemälde des Museums der Stadt Wien bleiben, welches früher in der Vorhalle des 57) HHSTA Hs. B 20 (Lehenbuch Albrechts IV.), pag. 48. Archiv d. Stadt Wien, Geschäfts- und Testamentbuch, Bd. 2, fol. 39r. Joseph Chmel, Der öster­reichische Geschichtsforscher, Bd. 1 (Wien 1838), S. 56. Aschbach, Geschichte der Wiener Universität I, S. 312, 324, 413 und 586. Mayer, Geschichte der geisti­gen Cultur in Niederösterreich, S. 349. Adler, Ein halbes Jahrtausend, S. 26, 30 und 36. I. Schwarz, Geschichte des Wiener Apothekerwesens, S. 158 f. K. Groß­mann, Die Frühzeit des Humanismus in Wien bis zu Celtis Berufung 1497 (Jahrbuch f. Landeskunde von Niederösterreich, Jg. 22, 1929), S. 168. A. Wer- nich, A. Hirsch, E. Gurlt, Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. Bd. 5 (Berlin-Wien 1934), S. 17. Von italienischer Seite nehmen Gerolamo Tiraboschi, Storia della letteratura italiana, Bd. 5, S. 266 sowie Arturo Castiglioni, Festschrift Max Neuburger (Wien 1928), S. 66 auf ihn Bezug. 58) CVP n. 5400, 5396 und 5156. B8) CVP n. 5298 und 5998. 60) CVP n. 5312. 61) CVP n. 5361. 62) Bertold Cemik, Catalogus codicum manu scriptorum qui in bibliotheca canonicorum regularium S. Augustini Claustroneoburgi asservantur. Tomus I (Vindobonae 1922), S. 80 f. Senfeider, Öffentliche Gesundheitspflege, S. 1055 ff. und 1059 ff. führt noch zahlreiche andere Schriften Galeazzos an.

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