Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)

NECK, Rudolf: Österreich und die Osmanen. Stand und Probleme der historischen Forschung

Österreich und die Osmanen 44B Westmächte und Rußlands. Allerdings liegt über die österreichische Han­delspolitik und über die Kapitulationen wenig vor. Was die Texte anbelangt, sind wir noch immer auf die alte Handausgabe der vom k. k. Handelsmini­sterium besorgten Übersetzungen angewiesen57). Die große Mehmed-Biographie Babingers 58 *), deren Quellenband leider noch nicht vorliegt, befaßt sich auch eingehend mit den verschiedenen Kreuzzugsprojekten der europäischen Fürsten. Friedrich III., der anfangs einigen guten Willen zeigte, versagte bald kläglich. Babinger behandelt auch die ersten Türkeneinfälle in das Gebiet des heutigen Österreich. Hier konnte Neumann in einer quellenkundlichen Untersuchung nachweisen, daß es im 15. Jahrhundert nur fünf große Türkeneinfälle nach Kärnten ge­geben hat und daß erst die spätere Geschichtschreibung infolge mannig­faltiger Irrtümer diese Zahl verdoppelt hat69). Eine der Hauptquellen dar­über, die Österreichische Chronik Unrests, liegt nunmehr in einer moder­nen Edition vor60). Eine weitere Quelle über die von den ersten Türken­einfällen heimgesuchten innerösterreichischen Gebiete, das Reisebuch Santoninos, des Begleiters eines Visitators aus den Jahren 1485—87, wurde von Egger in einer modernen Übersetzung publiziert 61). Eine besondere Studie hat Babinger dem Verhältnis Mehmeds zu Italien gewidmet62), in der unter anderem die gehässige Rivalität der Florentiner gegen Venedig an der Pforte ins rechte Licht gerückt wird. Die Haltung des Abendlandes in seiner Gesamtheit gegenüber dem vordringenden Islam wäre überhaupt noch mancher Untersuchungen wert. Daß von einer Soli­darität nicht die Rede sein konnte, ist schon lange erkannt worden, doch hat erst die Gegenwart für viele Teilprobleme schärfere Augen. Die umfang­reiche Untersuchung Pfeffermanns über die Türkenpolitik der Reinaissance­57) Die Kapitulationen und Handelsverträge der Türkei. Separatausgabe des Österreichischen Wirtschaftspolitischen Archivs. Wien 1909, S. 263 ff. Eine Gesamtbibliographie der gedruckten Vertragssammlungen findet sich bei Lud­wig Bittner, Chronologisches Verzeichnis der österreichischen Staatsverträge Bd. 4 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 15). Wien 1917, S. XVII ff. Zu den dort angeführten Nr. 249 (S. XXV) ist zu bemerken, daß gleichzeitig eine türkische Ausgabe der österreichischen Staats­verträge mit der Türkei in arabischem Druck in der Staatsdruckerei in Wien erschienen ist. 58) Franz Babinger, Mehmed der Eroberer und seine Zeit. Weltenstürmer einer Zeitenwende. München 1953. Vgl. die Besprechungen von G. Stadtmüller (HZ. 182, 1956, S. 111 ff.) und F. Valjavec (Südostforschungen 14, 1955, S. 465 f.). 50) Wilhelm Neumann, Die Türkeneinfälle nach Kärnten. Wahrheit und Dichtung in der Kärntner Geschichtsschreibung von Jakob Unrest bis zur Gegen­wart (Südostforschungen 14, 1955, S. 84 ff.). Vgl. auch von demselben: Michael Gothard Christalnick. Kärntens Beitrag zur Geschichtsschreibung des Humanis­mus (Kärntner Museumschriften XIII, 1956). 60) Karl Großmann (ed.), Jakob Unrests Österreichische Chronik (MG. Scrip- tores, N. S. 11, 1957). 61) Rudolf Egger, Die Reisetagebücher des Paolo Santonino 1485—1487, Klagenfurt 1947, die Originalausgabe besorgte G. Vale in den Studi e testi 103, 1943. °2) Franz Babinger, Mehmed II., der Eroberer und Italien (Byzantion 21, 1951, S. 127 ff.), ergänzter Neudruck: Maometto II. il Conquistatore e l’Italia (Rivista storica italiana 63. Jg., 1951, S. 469 f.).

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