Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)
MISKOLCZY, Julius: † Franz Eckhart (1885–1957)
NACHRUFE Franz Eckhart (1885 — 1957). Zwei Jahre nach dem Tode des großen Historikers Julius Szekfü verlor die ungarische Geschichtswissenschaft Ende Juli wieder einen ihrer bedeutendsten Vertreter, den seine wissenschaftliche Bildung gleichfalls mit dem Wiener Boden in Verbindung gebracht hatte: den Universitätsprofessor Franz Eckhart. Eckhart wurde im heute rumänischen Arad geboren. Nach Beendigung seiner Studien an der Universität Budapest kam er nach Wien und absolvierte 1909—1911 das Institut für Österreichische Geschichtsforschung. 1911 trat dann Eckhart in den Dienst des Archivs des Gemeinsamen Finanzministeriums und blieb dessen Beamter bis zum Ende des ersten Weltkrieges. Er spielte eine wesentliche Rolle in der Liquidierung des alten Hofkammerarchivs, und blieb als ungarischer Regierungsbeauftragter bei den Wiener Archiven, später als Direktor des neugegründeten Instituts für ungarische Geschichtsforschung, bis Ende der zwanziger Jahre, bis zu seiner Ernennung zum Professor an der Budapester Universität, weiter in Wien. Volle zwanzig Jahre also hat Eckhart in Wien verbracht, davon 18 Jahre im Bereich der hiesigen Archive. Kein Wunder, daß diese Zeit seine wissenschaftliche Tätigkeit tief beeinflußte. Seine erste Arbeit, die ihm unter den Historikern Wiens einen geachteten Platz sicherte, war seine Abhandlung „Über die glaubwürdigen Orte Ungarns im Mittelalter“ (MIÖG. IX. Erg.Band), ein mit scharfer Kritik geschriebenes Werk, geschaffen auf einer soliden Grundlage. Die Früchte seiner archivalischen Forschungen zeigten sich in voller Reife erst 1922, als sein Werk „Über die Wirtschaftspolitik des Wiener Hofes in Ungarn im Zeitalter Maria Theresias“ — nach meiner Meinung eines der besten Bücher, die in Ungarn über Wirtschaftsgeschichte bis heute geschrieben wurden — erschien. Dieses Werk, wie auch die in den Ungarischen Jahrbüchern (III. Jahrgang) erschienene Abhandlung über die Handels- und Zahlungsbilanz Ungarns unter Maria Theresia, dürften die Krönung der wissenschaftlichen Arbeit Eckharts bilden. Hier möchte ich noch den Artikel über die Bauernpolitik des Wiener Hofes (Századok 1956) erwähnen, seine letzte Arbeit, die in ihrer Gänze auf die 1945 vernichteten Akten des Staatsrates aufgebaut wurde, und schon darum besonderes Interesse verdient. Dem Vernehmen nach soll ein posthumes Werk Eckharts, gleichfalls auf den Akten des Staatsrates fußend, über die Wirtschaftspolitik der Wiener Regierung in Ungarn in Vorbereitung sein. Eckhart verdankt die ungarische Wissenschaft zahlreiche Werke auch anderer Themen. So habe ich zu erwähnen seine in verschiedene Sprachen übersetzte Einleitung in die ungarische Geschichte, die „Deutsche 35*