Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)
NECK, Rudolf: Österreich und die Osmanen. Stand und Probleme der historischen Forschung
Rezensionen 531 der Geschichtswissenschaft und insbesondere den Archiven große Dienste zu leisten berufen ist. — „Aktuelle Fragen des kommunalen Wappenwesens“ ist der Titel der Erörterungen von K. E. Demandt, in denen er die Forderung aufstellt, daß bei den heute wieder so zahlreich zur Verleihung gelangenden Wappen sachverständige Begutachter auf eine „nach heraldischen Gesichtspunkten geformte Figur“ und eine klare Scheidung vom Siegelbild dringen sollen; er zeigt an Beispielen, daß gerade bei den Städten Siegelund Wappenbild durchaus nicht identisch waren. Die irrtümliche Behauptung des Gegenteiles wurde erst durch Standardwerke, wie das Ortswappenbuch Hupps, verbreitet. — J. Papritz, der auf S. 237—244 in einer eingehenden Besprechung der Archivkunde von Brenneke-Leesch die Mängel und Unzulänglichkeiten dieses Werkes klar herausstellt, — unter voller Würdigung der bedeutenden Leistung im Ganzen —, setzt sich in seinen „Grundfragen der Archivwissenschaft“ (S. 127—176) mit dem archivtheoretischen Teil der „Archivkunde“ besonders auseinander. Es werden insbesondere Fragen der exakten Terminologie, z. B. hinsichtlich des Gebrauchs des Wortes „Archiv“, „der Bezeichnung der Einzahl der Komposition von Schriftstücken“, der „Archivaliengattungen“, der „Archiv- und Registraturbehelfe“, „der Entstehungsstufen des Schriftstückes“ und der „Typen der inneren Archivordnung“ unter Vergleich mit auswärtigen, vor allem französischen Lösungsversuchen behandelt; das angestrebte Ziel ist die Schaffung einer klaren Grundlage für den Unterricht an der Archivschule in Marburg. — „Die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands und die inhaltlichen Wandlungen des staatlichen Archivgutes im 19. und 20. Jahrhundert“ (S. 219—233) untersucht A. Opitz; ausgehend von dem sich mehrmals verändernden Verhältnis von „Staat“ und „Wirtschaft“ in dem behandelten Zeitraum stellt er fest, daß wirtschaftliche, ökonomische, soziale, technische Probleme in immer größerem Umfang den Inhalt des von den Behörden kommenden Archivgutes ausmachen. Das Material in den „öffentlichen“ Archiven sei aber unzureichend und die Erfassung des unmittelbar aus der Tätigkeit der „Wirtschaft“ sich ergebenden schriftlichen Niederschlags — teils wegen der Widerstände bei den in Frage kommenden Unternehmen, teils wegen mangelnder Erkenntnis der Wichtigkeit des Problems bei den zuständigen Stellen — bis jetzt über Teilergebnisse noch nicht hinausgekommen. O. fordert eine Erweiterung der Archivausbildung, da für die „neuen und neueren“ Archivbestände ein neuer Typ von „staats-, wirtschafts- und technikkundigen wissenschaftlichen Archivaren“ notwendig Sei. — Zwei Aufsätze (G. Duboscq, Les Archives de France, S. 177—188; A. d’Addario, Die italienischen Archive, übersetzt von J. Sydow, S. 189 bis 218) geben höchst interessante Einblicke in den gegenwärtigen Aufbau und die aktuellen Probleme des französischen bzw. italienischen Archivwesens. — Nachrufe für Hans Beschomer, Direktor des Sächsischen Hauptstaatsarchivs a. D. (gest. 30. 1. 1956), und Heinrich Gürsching, Direktor des württembergischen Landeskirchlichen Archivs in Ludwigsburg (gest. 10. 12. 1955), reichhaltige Buchbesprechungen, Zeitschriftenberichte und die Anzeigen von Neuerscheinungen schließen den Band ab. Otto Friedrich Winter (Wien). 34*