Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)

NECK, Rudolf: Österreich und die Osmanen. Stand und Probleme der historischen Forschung

462 Literaturberichte Thomas Raspassani bei der Erhebung der Balkanchristen gebührend her­vorgehoben, ohne sie, wie es andere Historiker tun, zu überschätzen163). In einer kleinen, aber sehr gedankenreichen Studie hat Summer das Verhältnis Peters des Großen zu den Türken behandelt164). Er hebt mit Recht hervor, daß um 1700 die Habsburgermonarchie, die sich erfolgreich gegen Frankreich und die Türkei behaupten konnte, für den Sultan noch gefährlicher war, als Rußland, das sich kaum der Schweden zu erwehren vermochte. Eine Animosität Rußlands gegen Österreich wegen der ortho­doxen Christen auf dem Balkan bestand schon beim Abschluß des ersten großen Bündnisses zwischen den beiden Mächten (1697). Walter Leitsch hat in seiner abwägenden Kritik der Ostpolitik Karls VI. darauf hin­gewiesen, daß der Habsburgermonarchie am Höhepunkt ihrer Machtent­faltung jede Zielstrebigkeit mangelte165). Der Einfluß des Prinzen Eugen machte sich hier nur bei Kriegsausbruch 1716 geltend166). Diesen Krieg führte Österreich mit dem begrenzten Ziel, zu verhindern, das Dalmatien in türkische Hände fiel. 1726 gelang Rußland endgültig der Einbruch in die österreichische Ostpolitik und damit war der Weg zum unglücklichen zweiten Türkenkrieg Karls VI. vorgezeichnet. Eine gut fundierte kritische Untersuchung der Politik Österreichs vor diesem Krieg, der für den Kaiser diplomatisch schon von allem Anfang verloren war, bietet die Wiener Dissertation von Heinrich167). Regele hat in diesem Sinn den verantwortlichen österreichischen Militär von der Schuld an der Niederlage reinzuwaschen versucht168). Über den begabten türkischen Statthalter von Bosnien Ali Pascha, der bei Banyaluka über die Österreicher siegte und damit die Okkupation Bosniens um mehr als hundert Jahre verzögerte, liegt eine gründliche Studie von Hamdzic vor169 * * * * *). Über den Aufenthalt Franz II. Rákoczys in der Türkei sind aus türkischen und römischen Archiven von Gökbilgin und Pásztor unbekannte Akten und Urkunden publiziert worden176). Über die englischen Vermittlungsversuche 1716 handelt Halsband in einer neuen Biographie der Lady Montagu unter Verwendung bisher unbekannten 163) R. L. Veselinovic, Toma Raspasanovic (Tomaso Raspassani) i negov pad za austroturskog rata krajem 17 veka. (Sbornik Matice Srpske 12, 1956, S. 39 ff.) 164) B. H. Sumner, Peter the Great and the Otoman Empire. Oxford 1949. Vgl. von demselben: Peter the Great and the Emergence of Russia. London 1950. 165) Walter Leitsch, Die Ostpolitik Kaiser Karls VI. (Bericht über den 4. Österreichischen Historikertag in Klagenfurt 1956. Veröffentlichungen des Verbandes Österreichischer Geschichtsvereine 11, 1957, S. 150 ff.) 166) Über Prinz Eugen siehe ausführlicher unten S. 463. 167) Elfriede Heinrich, Die diplomatischen Beziehungen Österreichs zur Türkei 1733—1737. Diss. Wien 1944. 168) Oskar Regele, Die Schuld des Grafen Reinhard Wilhelm von Neipperg am Belgrader Frieden 1739 und an der Niederlage bei Mollwitz. 1741 (MÖStA. 7, 1954, S. 373 ff.). 169) Adern Handzic, Basanski, Namjesnik Hekim oglu Ali-pasa. (Prilozi za orijentalnu filologiju i istoriju jugoslovenskih naroda pod turskom vladavinom 5, 1954/55, S. 135 ff.) 176) Tayyib Gökbilgin, II. Rákoczy Ferenc ve Tevabiine dair yeni vesikalar. (Beleten 5, 1941, S. 577 ff.) und Lajos Pásztor, Francesco Rákóczi II difensore e propagatore della fede. (Corvina III/2 (26), 1953, S. 133 ff.)

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