Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)

NECK, Rudolf: Österreich und die Osmanen. Stand und Probleme der historischen Forschung

Österreich und die Osmanen 449 gehoben wird der schon beim Feldzug von Mohács in Erscheinung getretene starke Anteil des böhmischen Elements im Christenheer, vor allem bei der Verteidigung Wiens. Die große Rolle der Böhmen in den ersten Türkenkriegen Ferdinands I. geht auch aus der recht gut fundierten Dissertation über den unglücklichen Hans Katzianer von Apfelauer hervor94). Eine weitere Dissertation von Herle behandelt u. a. die frühen Türkeneinfälle im Osten Niederösterreichs und kann, auf archivalische Quellen gestützt, enorme Menschenverluste nachweisen 95). Allerdings war die Grenzbevölkerung schon in den Ungarn­einfällen des 15. Jahrhunderts stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Über diejenigen Kroaten, die aus Furcht vor Verschleppung infolge des Feldzuges von 1529 bis ins Marchfeld geflohen sind, wo sie in der Folge angesiedelt wurden, hat Baernleithner in einem kleinen Aufsatz ohne Be­rücksichtigung der in kroatischer Sprache erschienenen Literatur ge­handelt96). Er konnte die Spuren dieser Ansiedler in den Flur- und Fa­miliennamen bis ans Ende des vorigen Jahrhunderts verfolgen. Es mag vielleicht in diesem Zusammenhang am Platz sein, schon hier kurz auf einige neuere Literatur zur Geschichte der Militär grenze hinzuweisen. Die zusammenfassende Darstellung von Schumacher97) bringt nichts nennenswertes neues und führt kaum über die älteren Gesamtdar­stellungen hinaus, die bis heute unentbehrlich geblieben sind98). Auch Kiszling behandelt in seinem Buch über die Kroaten die Militärgrenze und überhaupt den Türkenkrieg nur auf Grund der vorhandenen Literatur99 *). Bei Benckiser wird in knappen Zügen die Geschichte der Militärgrenze im Rahmen der Südostpolitik der Habsburger dargestellt109). In einer vergleichenden Studie konnte Ferguson feststellen, daß trotz vieler verwandter Züge der Militärgrenze und der russischen Landmiliz in der Ukraine doch grundlegende, in der Struktur der beiden Staaten be­gründete Unterschiede zwischen diesen zwei Institutionen bestehen 101). Wessely scheint mir die Bedeutung der Deutschen als Stütze und Rückgrat der Militärgrenze zu überschätzen102). Sind doch die von ihm optimal er- rechneten Anteilzahlen sehr gering. In einer medizingeschichtlichen Unter­suchung hat Lesky auf Grund der archivalischen Quellen nachgewiesen, °4) Richard Apfelauer, Hans Katzianer, ein Feldherr Ferdinands I. Diss. Wien 1939. 9ä) Wilhelmine Herle, Die Türken- und Ungarneinfälle im ostniederöster­reichischen Grenzgebiet vorwiegend im 15. und 16. Jahrhundert. Diss. Wien 1941. 96) Ernst Baernleithner, Das Türkenjahr 1529 und die Marchfeld-Kroaten. (Unsere Heimat, 20. Jg. 1949, S. 1 ff.) 97) Rupert v. Schumacher, Des Reiches Hofzaun. Geschichte der deutschen Militärgrenze im Südosten. Darmstadt (1942). 98) Fr. Vanicek, Specialgeschichte der Militärgrenze, 4 Bde. Wien 1875 und 1. H. Schwicker, Geschichte der österreichischen Militärgrenze. Wien 1883. 99) Rudolf Kiszling, Die Kroaten. Der Schicksalsweg eines Südslavenvolkes. Graz 1956. 10°) Nikolaus Benckiser, Die Militärgrenze in Österreichs Südostpolitik. (Südostdeutsche Rundschau 2. Jg. 1943, S. 721 ff.) 101) Alan D. Ferguson, Russian Landmilitia and Austrian Militärgrenze. A comparative study. (Südostforschungen 13, 1954, S. 139 ff.) 102) Kurt Wessely, Das Deutschtum in der Militärgrenze (Südostdeutsche Rundschau, 3. Jg., 1944, S. 321 ff.). Mitteilungen, Band 10 29

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