Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)

NECK, Rudolf: Österreich und die Osmanen. Stand und Probleme der historischen Forschung

444 Literaturberichte päpste 63) muß freilich wegen der einseitigen Auswertung und Beurteilung vereinzelter Quellenstellen als mißglückt betrachtet werden. Im allgemeinen wird man den Ergebnissen der Untersuchung Petrocchis zustimmen dürfen, der einen größeren Zeitraum als Pfeffermann behandelt04), aber besonders für das 15. Jahrhundert nachweisen kann, daß es den Päpsten mit ihrer unbeirrten Kreuzzugspolitik sehr ernst gewesen ist. Viel eher waren die weltlichen Mächte im Abendland geneigt, mit den Türken freundschaftliche Beziehungen aufzunehmen, wenn dies ihren Interessen entsprach. War dies schon mit einer Eroberernatur wie Mehmed II. möglich, umso leichter war es bei seinem Nachfolger, dem schwachen und relativ ungefährlichen Bayezid, dessen Außenpolitik sich entschieden von der seiner Vorgänger und Nachfolger abhebt. Fisher hat ihr eine wohl fundierte Studie gewidmet65). Mattingly hat in einer um­fassenden Untersuchung über die Anfänge der modernen Diplomatie in der Renaissance 66) u. a. aufgezeigt, wie sich die Tendenzen der abendländischen Staaten zu einem offenen Bündnis mit den Türken nur zögernd geltend machen konnten, weil man doch auf das christliche Prestige bedacht war. Die entscheidende Wendung und Vollendung dieser Entwicklung sollte erst der französisch-türkische Vertrag von 1536 bilden, der aber auch im Rah­men der allgemeinen politischen Situation zu begreifen ist. Franz Babinger hat sich in zwei Aufsätzen mit der Türkenpolitik Maximilians I. befaßt67), die, zwischen phantastischen Kreuzzugsplänen und ebenso unrealistischen Bündnisprojekten schwankend, gut zum Gesamtbild dieses merkwürdigen Herrschers paßt. Daß trotz der — meist aus Haß gegen die Venezianer — von Maximilian immer wieder herbeigeführten Kontakte mit dem Sultan ein großer Kreuzzug zeitlebens der Traum des Kaiser war, betont Heinz Gollwitzer auf Grund seiner Arbeiten zur Herausgabe der Reichstags­akten 68). Wenden wir uns nun einigen Studien zur früheren osmanischen Ge­schichte in Österreich zu. Aus Anlaß des fünfhundertsten Todestages von Johannes Capestran wurde von Lepold ein instruktiver Beitrag zu dem Sieg Johannes v. Hunyad im Jahre 1456 geliefert 69). Die ältesten auf die Türken 63) Hans Pfeffermann, Die Zusammenarbeit der Renaissancepäpste mit den Türken. Winterthur 1946. Vgl. die in manchem wohl wieder zu sehr prokuriale Besprechung von G. B. Picotti in der Rivista storica italiana 63, 1951, S. 406 ff. 64) Massimo Petrocchi, La Politica della Santa Sede di fronte all’invasione Ottomana 1444—1718. Neapel 1955. 65) Sidney Nettleton Fisher, The Foreign Policy of Turkey 1481—1512 (Illinois Studies in the Social Sciences XXX/1, Urbana 1948). 66) Garrett Mattingly, Renaissance Diplomacy. London 1955. 67) Franz Babinger, Zwei diplomatische Zwischenspiele im deutsch-osmani- schen Staatsverkehr unter Bajezid II. 1497 und 1504. (Westöstliche Abhand­lungen, Festschrift Rudolf Tschudi. Wiesbaden 1951, S. 315 ff.) Ders., Kaiser Maximilians I. „geheime Praktiken“ mit den Osmanen 1510—11 (Südostfor- sehungen 15, 1956, S. 201 ff.) 66) Heinz Gollwitzer, Zur Geschichte der Diplomatie im Zeitalter Maxi­milians I. (Hist. Jahrb. 74, 1955, S. 189 ff.) 69) Anton Lepold, Johann von Hunyad und der Sieg über die Türken 1456. (Religion—Wissenschaft—Kultur, 8. Jg. 1957, S. 79 ff.) Vgl. auch die quellen- kundliche Untersuchung über Capestran von Ottokar Bommann (ebd. S. 9 ff.)

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