Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)

MARX, Julius: Die österreichische Mäßigkeitsbewegung im Vormärz

Die österreichische Mäßigkeitsbewegung im Vormärz 295 Graf Inzaghi empfahl im Einverständnis mit Sedlnitzky, die Berichte „zur Wissenschaft“ zu nehmen, was auch am 8./8. 1847 geschah30). Kein amtliches Schriftstück der Wiener Archive läßt uns erkennen, wie weit sich die Bewegung auswirkte, wie weit sie überhaupt bekannt wurde. Die sonst so geschwätzigen Polizeiberichte enthalten nichts, ein einziges Mal spricht der Administrationsbericht der Wiener Polizeiober­direktion für Juni 1845 von ihr, aber von der im Reiche31), was den An­schein erwecken könnte, daß die österreichischen Ereignisse der Bevöl­kerung gänzlich unbekannt geblieben seien. Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir die Bewegung in T i r o 132 33) dem Wirken Scaris zuschreiben, obwohl nach dem einzig erhalten gebliebenen Akt der Imster Kreishauptmann Kaspar Edler von Neupauer die Anregung zur Vereinsgründung gab. Ihm war die zunehmende Trunk­sucht, vor allem aber der steigende, in dieser Notzeit noch weniger als sonst entschuldbare Verbrauch an Erdäpfeln in den Brennereien, ein Dorn im Auge. Er meinte in seinem Berichte vom 6./3. 1845 an die Landes­regierung, die bisherigen Mittel des politisch-administrativen Weges gegen dieses alte Übel hätten sich als unzulänglich herausgestellt, weshalb es zweckmäßig scheine, die Ablegung von Mäßigkeitsgelübden einzuführen, also den religiös-moralischen Weg zu beschreiten. 3°) St. -A., M.K.A., Z. 1552 ex 1847. -Verw.-A, P.-H., Z. 8450 ex 1847 (mähr. Bericht). 31) Glossy, a.a.O., II., S. 23. — Förderung der Vereine wünscht die Flug­schrift „Sociale und politische Zustände Oesterreichs mit besonderer Beziehung auf den Pauperismus“, Leipzig 1847; S. 284 f. — Eine nur gegen Erlaubnisschein zugelassene Schrift (St.- A., Polizei- korresp., Fasz. 80, 2. Augusthälfte 1843) eines D r. P., Der Branntwein und der Proletarier, die bei Wigand in Leipzig erschienen war, kann man als Hinweis auffassen, daß gewisse Einwirkungen stattfanden. Saphirs „Der Humorist“ brachte 1847 in Nr. 1/2, S. 5, eine kurze Notiz über den irischen Mäßigkeits­apostel Mathew; „Der Telegraph“, Wien 1837, in Nr. 117, S. 483 f. eine Glosse zu einem französ. Verein; die Sache war demnach bekannt, aber über die österr. Bewegung schwiegen die Zeitungen, sie mußten es wohl. — J. Ch. S p őr­se h i 1, Die Schädlichkeit der Branntwein-Völlerey, Leipzig 1831, ist die erste Schrift eines Österreichers in dieser Sache. — J. Marx, Die amtlichen Verbots­listen, in den „Mitteilungen des Haus-, Hof- und Staatsarchivs“, 9. Band, Wien 1956: S. 171. 33) Landesregierungs-Archiv f. Tirol, Präsidialakt Z. 780 ex 1846 des Gubernialarchivs; er enthält: 1.) Sedlnitzkys Schreiben v. 20./2. 1846, auf dem Weisungen an die Gubernialkanzlei, das Kreisamt Imst u. das Brixner Ordinariat vermerkt sind. — 2.) Schreiben des Tiroler Gouv. Grafen Brandis an Sedlnitzky v. 25./4. 1846, dem er den bisherigen Schriftwechsel beilegte, diesen schloß 3.) Sedlnitzky im Schreiben v. 26./11. 1846 zurück, u. zw. a) Brandis v. 21./6. 1845 an Brixen; b) zwei Marienbilder mit der Gelübdeformel; c) Schreiben Neupauers v. 30./3. 1846 mit den Berichten der Landrichter von Landeck u. Imst; d) Brixen v. 17./4. 1846 an Brandis (demnach fehlen die Schreiben v. 6./3. u. Brixens v. 17./4. 1845); 4.) Schreiben des Salzburger Konsistoriums v. 13./5. 1846 u. Erledigung v. 2./6. 1846. Alle übrigen einstigen Akten sind leider skartiert worden. — Zu S c a r i vgl. Anm. 4.

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