Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
KRAMER, Hans: Fürstbischof Dr. Cölestin Endrici von Trient während des ersten Weltkrieges. Nach neu gefundenen Akten
488 Hans Kramer handen war. Seine Zusammenstöße mit den tirolisch gesinnten und deutschen Kreisen, seine Annäherung an die Irredentisten, der Versuch, sich nach und nach zum Anwalt und Führer des Italienertums im Trentino aufzuschwingen, dies alles verstärkte und mehrte sich erst in den letzten Jahren vor dem ersten Weltkriege, ungefähr seit 1911. Die Nachrichten widersprechen sich, ob er ein Freund oder Feind der Verleihung der Autonomie an das Trentino gewesen ist. Ohne es offen auszusprechen, dürfte er es gut gewußt haben, daß mit der Gewährung der Autonomie manche Unterstützung aus dem übrigen Tirol und aus Österreich für das Trentino aufgehört hätte. Endrici forderte die Errichtung einer italienischen Universität auf dem Boden der Monarchie, wenn möglich im Trentino. Die österreichisch gesinnten Kreise beschwerten sich, daß im bischöflichen Priesterseminar von Trient nichts über die Verdienste der Habsburger um die katholische Kirche und sehr wenig über Österreich und seine Geschichte vorgetragen werde, daß die deutschen Theologiestudenten Anfeindungen und Verspottungen durch die italienischen ausgesetzt seien. Das bischöfliche Gymnasium in Trient werde von deutscher Seite wegen seiner irredentistischen Note das „Garibaldiimul“ genanntr). Endrici hat sich mehrmals gegen wirkliche oder angebliche Auswüchse des Fremdenverkehrs im Trentino gewandt, der die Gefahr des Indifferentismus und der Unmoral hervorrufe. Er sprach öfters von der Gefahr des Protestantismus im Trentino. Einige wenige Anhaltspunkte waren ja da (Plan der Errichtung von protestantischen Kapellen in Arco und am Caldonazzosee, eines Betsaales in Trient, Aufstellung einer Lutherbüste im Schloß von Pergine). Vereinzelt sollten Schulklassen mit reichsdeutschem Lehrplan für Kinder von Reichsdeutschen im Trentino eingerichtet werden. Wenn dies alles auch zur Ausführung kommen sollte, was noch unsicher war, so wären diese Kapellen und Klassen nur von reichsdeutschen Fremden besucht und im Trentino mit seinem alteingewurzelten echt romanischen Katholizismus so isoliert gewesen, daß von einem Einfluß auf die Bevölkerung keine Rede gewesen wäre. Die „Unmoral“ des Fremdenverkehrs war ein „weites Feld“ und nicht nur auf das Trentino beschränkt. Die Gefahr des Lutheranismus war einfach nicht da. Der Fremdenverkehr im Trentino vom Königreich Italien her war vor 1914 sehr spärlich. Den größten Teil der Fremden stellten die Österreicher und die Reichsdeutschen. So bekam der Kampf 8 8) Promemoria Hussareks vom Juni 1916 (A.Staatsarch.). Präs.K.Min. 2015 ex 1916. Ich betone, daß manchmal dieselben Aktenstücke in Abschriften in mehreren Exemplaren in verschiedenen Archivbeständen zu finden sind, z. Bsp. sowohl in den Innsbrucker Archivalien als auch in den Positionen der Wiener Archive, des Haus-, Hof- und Staatsarchives, des Allgemeinen Verwaltungs- archives und des Kriegsarchives. Ich habe aber nicht immer sämtliche Abschriften aufgezählt, weil der Anmerkungsapparat zu umfangreich geworden wäre, sondern nur ein oder höchstens zwei Exemplare.