Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)
WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel
Metternich und Gervay 237 Die g a n ze Stellung gehört zu den schlechten, indem sie 1° Böhmen in einen Zustand moralischer Bewegung setzen wird, welche es nie im Interesse einer Regierung liegt herbeizurufen. Die Bewegung wird eintretten, weil sie an das Auftretten eines Erzherzogs — und insbesondere eines thätigen, bewegten und jungen, also im praktischen Wirken nicht bekannten Herrn — wie die Wirkung an eine Ursache gebunden ist! 2° weil sie dieses wichtige Land in einen provisorischen Verwaltungszustand also in eine schwächende Lage versetzt. 3° weil sie das Land der Centralkraft entzieht, ein Umstand, welcher eintretten wird, überall, wo ein Prinz des regierenden Hauses sich an der Spitze der Verwaltung eines Ländertheiles finden wird. Alles in der Natur der Dinge Liegende ist unvermeidlich; es wird sich zeigen und kann allerdings bekämpft werden. Ist der Kampf aber eine wünschenswerte Aufgabe? Kann man für das Gelingen bürgen? Von alle diesem ist heute aber nicht mehr die Rede, und ich gehöre zu der Classe von Menschen, welche sich stets dem Thatbestande gegenüber zu stellen als eine Pflicht errachten. In dieser Folge finde ich die Beilegung eines Titels für den H. Erzh. Stephan 3) und für die Regierung besser als keinen Titel, weil das letztere der Phantasie noch größeren Spielraum bietet als das erstere. Den Titel Obristburggraf kann ein Erzherzog nicht führen; es bleibt wohl keine anderer als der in Antrag gestellte eines Hofcommissair.“ LII. M. an G., Ischl, 30. VII. 1843: „Ich schicke Ihnen hier ein Schreiben des Grafen Choteck1)> welches mir zugekommen ist und von dem sie keinen anderen Gebrauch machen können, als dasselbe ad acta zu legen. Dasselbe bietet mir nur Stoff zu zwey Bemerkungen. Die eine ist, dass es wohl keines anderen Beweises als des Inhaltes des Schreibens bedarf, um das Schwirren im Geiste des Briefstellers deutlich hinzustellen. Es trägt das Gepräge eines durch Eigenliebe geblendeten und das Gleichgewicht verloren habenden Mannes. Die andere beziehe ich auf den Groll, welchen Gr. Chotek auf den Gr. Kolowrat wirft und welcher nur die Folge von dem schmeichelnden Gange zu sein vermöchte, den Gr. K. dort, wo er im Interesse des Obristburggrafen und des Dienstes hätte fest auftretten sollen, eingehalten hat! Das Schreiben von mir, auf welches Gr. Ch. anspielt, waren wenige Zeilen, in welchem ich ihm auf sein vorletztes Schreiben dessen Empfang anzeigte und ihm in kurzen Worten erklärte, ,er habe in allem Unrecht und solle nun sein Schicksal abwarten!“ Die Stellung des Gr. Ch. hätte aut — aut vor mehreren Jahren geregelt werden sollen. Nun wird er nur mehr die leidige Rolle eines Behelligers spielen! Ruhe wird er nicht LII. i) Siehe IX. 5).