Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

WALTER, Friedrich: Metternich und Gervay. Ein Briefwechsel

Metternich und Gervay 193 Zahlreiche Männer des öffentlichen Lebens, in Charakter und Lei­stung mehr oder weniger scharf umrissen, führen uns diese Briefe vor, aber von allen hat sich nur einer des Staatskanzlers uneingeschränkte Schätzung und Achtung gewonnen: Karl Kübeck Freiherr von Kübau, der ohne Fürsprecher ausschließlich kraft eigener Tüchtigkeit vom armen Schneidersohn in glänzender Laufbahn zum Hofkammerpräsiden­ten aufgestiegen war. Fürst Metternich trägt schwer an der Sorge um die Zukunft des Reiches, er fürchtet seinen Zusammenbruch: „Ein deus ex machina könnte es vielleicht erhalten“ — „Kennen Sie denselben“, fragte er gelegentlich einmal Gervay27), ohne sich eine Antwort zu erwarten. Vielleicht hätte Kübeck, an den rechten Platz gestellt und mit den notwendigen Vollmachten ausgestattet, dieser „deus ex machina“ werden können — der Fürst hat diese überragende staatsmännische Be­gabung, so hoch er sie auch stellte, damals noch nicht voll erkannt, hat den Mann, solange er selber die Macht in Händen hielt, nicht zur großen Aufgabe einer umfassenden Reichsreform berufen; freilich, er glaubte, im Grunde seines Herzens allen Kassandrarufen zu Trotz doch daran, daß im Jahre 1843 „die Mode offener Revolutionen bereits im Sinken sei“ ...28). Die Briefe. I. G. an M„ 31. VII. 1842: Wünsche für gute Ankunft in Plass G und „vergnügliche Erholung“. - — Bericht über die Zufriedenheit des Palatins, Erzherzog Joseph 2), mit der von der Wiener Regierung in Hungaricis verfolgten Politik. — Graf Kolowrat schickte ihm einen Vortrag Kübecks zu, in dem der Direktor der k. k. Porzellanfabrik A. Baumgartner 3) zum Direktor der k. k. Tabakfabrik bei gleichzeitiger Ernen­nung zum wirklichen Hofrat vorgeschlagen wird, mit dem Auftrag, das Stück noch am gleichen Tag dem Kaiser zur Unterschrift vorzulegen. M. an G., Plass, 4. VIII. 1842: „Aus Ihrem Berichte ergeht für mich das Gefühl, dass der Erzh. Palatin Wien zufrieden verlassen hat, und hierin liegt ein neuer Beweiss, wie Unrecht wir gehabt hätten, wenn wir einen anderen Gang als den ein­gehaltenen verfolgt hätten! In dem ung. Treiben liegt vieles, was der Induction gleicht. Hält die Regierung fest, so lassen die Versucher die Aufgabe fallen! 2?) XLVI. 28) LXI. I. i) Böhmen, Kreis Pilsen. Ursprünglich Zisterzienser Stiftsherrschaft, seit 1785 in Verwaltung des Religionsfonds, 1826 von Metternich bei öffentlicher Feilbietung erworben; rund 50.000 Joch groß (ungefähr zur Hälfte Dominikal- besitz). 2) Sohn Leopolds II.; 1776/1847. Seit 1795 Palatin. s) Andreas Freih. v. Baumgartner (1793/1865), seit 1833 Direktor der k. k. Porzellanfabrik, seit 1842 auch Direktor der k. k. Tabakfabriken; 1848 Arbeitsminister im Kabinett Piliersdorf, 1851/54 Handels- bzw. Finanzminister. Mitteilungen, Band 9 13

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