Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

BENNA, Anna Hedwig: Das Kaisertum Österreich und die römische Liturgie

Das Kaisertum Österreich und die römische Liturgie. Von Anna Hedwig Benna (Wien). Der römische Kaiser Franz II. folgte 1804 dem Vorbilde Rußlands und Frankreichs, als er für die Gesamtheit seltner Erbstaaten den Titel und die Würde eines erblichen Kaisers von Österreich annahm. Durch zwei Jahre hindurch, bis zur Niederlegung der Krone des Heiligen Römischen Reiches, vereinigte Franz II. die Würde des Römischen Kaisers, die auf der Wahl durch die Kurfürsten beruhte, mit der durch einen souveränen Willensakt ohne Mitwirkung der Stände seiner Erbländer1), aber auf Grund eines Garantieversprechens Frankreichs2) neugeschaffenen, erblichen österreichi­schen Kaiserwürde. Die österreichische Kaiserwürde verdankte ihre Existenz letztlich der Rivalität der großen europäischen Mächte, zu denen die öster­reichische Monarchie ebenso wie Frankreich gehörte. Kraft der Überliefe­rung eines Jahrtausends europäischer Geschichte nahm der Römische Kai­ser— und das war, abgesehen von den wenigen Jahren des Kaisertums des Wittelsbachers Karls VII., durch ein halbes Jahrtausend hindurch immer wieder ein Mitglied des Hauses Österreich — den Vorrang unter den christ­1) Vgl. dazu das Gutachten des Staats- und Konferenzministers Kollowrat, 1804 Juli 3 (Ministerium des kaiserlichen Hauses VII Titel und Wappen, Fz. 2, Beilage zur Note des Staats- und Konferenzministers Kollowrat vom 6. Juli 1804) .. .Frankreich, welches dermahlen sowohl in der grosse als in der bevöl- kerung die österreichische monarchie übertrifft, hat sich nun zu einem erbkaiser- thume erhoben. Eben dasselbe kann die österreichische monarchie ganz wohl fordern, und falls dieser gegenständ nicht schon in der behandlung wäre, so würde es ein leichtes seyn, die stände in der grössten geheim dahin zu bringen, dass sie seine majestät auf forderten und allerunterthänigst bäthen, die öster­reichische monarchie zum erbkaiserthum zu erklären. Die stände würden dieses mit vergnügen thun und dieses würde eine Veranlassung sein, bekannt zu machen, dass seine majestät dem wünsche und der bitte der stände allergnädigst gehör geben wollen. Zur Annahme der österreichischen erblichen Kaiserwürde, vgl. F. Hauke, Die geschichtlichen Grundlagen des Monarchenrechts (1894), S. 4, 90, 92, 93, 266 ff.; A. Luschin v. Ebengreuth, Österreichische Reichs­geschichte (1896), S. 2; F. T e z n e r, Der österreichische Kaisertitel, seine Geschichte und seine politische Bedeutung, Zs. f. d. Privat- u. öffentl. Recht 25 (1898), S. 367, 368, 382, 385; Der Kaiser (1906), S. 5 f. Der österreichische Kaisertitel und der Dualismus, Zs. f. Volkswirtschaft, Sozialpolitik u. Ver­waltung 20 (1911), S. 3 ff.; J. Redlich, Das österreichische Staats- und Reichsproblem 1/2 (1920), S. 12; O. Stolz, Grundriß der österreichischen Ver- fassungs- und Verwaltungsgeschichte (1951), S. 44, 45, 86, 91, 92. 2) Vgl. unten, S. 125 f.

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