Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

WEINZIERL-FISCHER, Erika: Die Bekämpfung der Hungersnot in Böhmen 1770–1772 durch Maria Theresia und Joseph II.

Die Bekämpfung der Hungersnot in Böhmen 1770-1772 durch Maria Theresia und Joseph II. Von Erika Weinzierl-Fischer (Wien). In ganz Mitteleuropa herrschte infolge mehrerer Mißernten seit 1770 ein fühlbarer Getreidemangel, der in Böhmen, in Schlesien und teilweise auch in Mähren zu einer großen Hungersnot führte1)- Die Mittel und Wege, mit der die Verwaltungszentralen der österreichischen Monarchie dieser Not zu steuern suchten und vor allem den persönlichen Anteil Maria Theresias und ihres Sohnes Joseph an den tatsächlich getroffenen Hilfs­maßnahmen nach den einschlägigen Akten 2) darzustellen, ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Böhmen, das von den Kriegen mit Preußen besonders hart getroffen worden war, den Hauptabnehmer für die Erzeugnisse seiner Industrie, Schlesien, an Preußen verloren hatte3) und dessen Bevölkerungszahl in den Jahren 1762—1771 um fast eine Million gestiegen war4), befand sich zu dieser Zeit in einer so schlechten Situation, daß seine „sich täglich und augenscheinlich verschlimmernden Umstände“ gutgesinnten Beamten schon 1768 Anlaß zu ernster Sorge gaben5). Getreidemangel und allgemeine Teue­rung, die bereits im Sommer 1770 auch aus dem Breisgau und den Reichs­') Vgl. u. a. Alfred Ritter von Arneth, Geschichte Maria Theresias, X, 1879, S. 42 ff. — Bertold Bretholz, Geschichte Böhmens und Mährens, III, 1924, S. 124. — Ferencz Fejtő, Joseph II., un Habsbourg révolutionnaire, Paris 1953, S. 131 ff. 2) Hierzu gehören vor allem der 10 Faszikel umfassende Bestand „Getreide­mangel- und Hungerbekämpfungshofkommission“ des Wiener Hofkammerarchivs (Friedrich Walter, Inventar des Wiener Hofkammerarchivs, Publikationen des österr. Staatsarchivs II/VII, Wien 1951, S. 148 f.), ferner die Bestände Hof­reisen, Staatsrat-Protokolle, Staatskanzlei-Vorträge und Nachlaß Kollowrat des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien (Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, II, 1937, S. 35 f., 223 ff., I, 1936, S. 421 ff., II, S. 200 f.). Den Direktoren der genannten Archive, Univ.-Doz. Dr. Hanns Leo Mikoletzky und Hofrat Dr. Gebhard Rath, bin ich für die Unterstützung dieser Arbeit zu Dank verpflichtet. 3) Fejtő, a. a. O., S. 129. 4) Bretholz, a. a. O., S. 120. 5) Ebendort, S. 136 f.

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